taz.de -- Nach dem Ende des Betreuungsgeldes: Wohin mit den Milliarden?

Droht nach dem Aus für die Herdprämie neuer Koalitionsstreit? SPD-Familienministerin Schwesig will das Geld für Kitas ausgeben.
Bild: Schwesig will das Geld hierhin umleiten: Kinder in einer Frankfurter Kita

BERLIN taz | „Zurück im Arbeitsalltag.“ Das Familienministerium in Berlin twitterte am Donnerstag, dass Chefin Manuela Schwesig wieder im Hause ist. Als erste Amtshandlung nach ihrem Sommerurlaub durfte sich die SPD-Politikerin gleich zu einem ihrer „Lieblingsthemen“ äußern: dem Betreuungsgeld.

„Kinder und Familien müssen weiter von diesem Geld profitieren“, sagte Schwesig im „Moma“. Ihnen dürfe nichts weggenommen werden. Im Juli hatte das Bundesverfassungsgericht diese familienpolitische Leistung in Höhe von 150 Euro monatlich gekippt. Ab sofort werden keine neuen Anträge mehr bewilligt. Nur Eltern, die bereits Elterngeld für ihre kleinen Kinder beziehen, bekommen es bis zum Ende ausgezahlt.

Was passiert nun mit dem Geld? Immerhin handelt es sich um eine Milliarde Euro pro Jahr.

Eigentlich wollte sich am Donnerstag Schwesig mit KoalitionsvertreterInnen treffen, um darüber zu reden. Aber das Treffen wurde kurzfristig abgesagt, wie das Familienministerium auf Nachfrage der taz mitteilte. Die CDU hatte ihre Teilnahme zurückgezogen. Das Gespräch soll nun laut einer Sprecherin „wahrscheinlich im September“ stattfinden.

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sähe es am liebsten, wenn die Milliarden in die Töpfe seines Hauses zurückflössen. Dagegen stemmt sich Schwesig massiv. Es sei wichtig, dass das Geld dem Familienhaushalt zur Verfügung stehe, sagte die Ministerin. Vor allem, um damit den Kitaausbau voranzutreiben.

Nur die CSU diskutiert

So sieht das auch die Opposition. Das Geld werde „in den Kitas dringend gebraucht: für eine gute Ausstattung und Qualität und für gut ausgebildete und bezahlte ErzieherInnen“, sagte Franziska Brantner, familienpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion: „Das ist es auch, was Eltern sich wünschen, um die Vereinbarkeit zwischen Beruf und Familie zu stemmen.“

Die Finanzministerin von Thüringen, Heike Taubert (SPD), schlägt jetzt vor, mit der Summe Kita-Erzieherinnen besser zu bezahlen. Diese Forderung dürften Kitaerzieherinnen mit Freude vernehmen. Gerade droht ein neuer Kitastreik, weil ErzieherInnen die durch den Schlichterspruch erzielten Verbesserungen als zu gering bewerteten. So würden jüngere ErzieherInnen nur etwa 30 Euro brutto mehr Gehalt bekommen.

Die Milliarden-Verhandlungen im September zwischen Schwesig und Union dürften nicht ganz problemlos werden. So forderte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer am Donnerstag, das Geld den Ländern zur Verfügung zu stellen. Es sei ein „grober familienpolitischer Sündenfall“, Politik gegen Hunderttausende Familien in Deutschland zu machen“, sagte Scheuer. Derzeit beziehen 450.000 Familien hierzulande die „Herdprämie“.

Die bayerische Familienministerin Emilia Müller wies Schwesigs Forderungen als „Wunschgedanken“ zurück. Der Bund müsse das Geld den Ländern zur Verfügung stellen, um damit das landeseigene Betreuungsgeld weiter zahlen zu können. Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer hatte im Anschluss an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts den Eltern in seinem Land zugesichert, das Betreuungsgeld weiter zu zahlen.

13 Aug 2015

AUTOREN

Simone Schmollack

TAGS

CSU
Manuela Schwesig
Kitas
Betreuungsgeld
Herdprämie
Betreuungsgeld
Wolfgang Schäuble
Kanzlerkandidatur
Manuela Schwesig
Herdprämie
Bayern
Betreuungsgeld
Betreuungsgeld
Minderjährige Geflüchtete

ARTIKEL ZUM THEMA

Freistaat fördert Kita-Abstinenz: Bayern führt Betreuungsgeld fort

Das Bundesverfassungsgericht hat das umstrittene Betreuungsgeld gekippt. Nun schafft Bayern als erstes Bundesland Ersatz – und legt noch Geld obendrauf.

Verwendung des Betreuungsgeldes: Großer Koalition droht Krach

Finanzminister Schäuble will die Mittel, die nicht für das Betreuungsgeld ausgegeben werden, auch nicht für den Kita-Ausbau einsetzen. Die SPD ist empört.

Sommerreise der Familienministerin: Und zum Schluss gibt‘s Hanuta

Auf ihrer Sommerreise kommt Bundesministerin Schwesig gut an. Das provoziert die Frage nach ihrer Tauglichkeit als Kanzlerkandidatin.

Debatte Manuela Schwesig: Wer, wenn nicht sie?

Der Auftakt von Manuela Schwesig war mühsam, ihre Positionen sind umstritten: Und doch setzte sich ihre Kompetenz durch.

Nach dem Urteil des Verfassungsgerichts: Herdprämie ist doch noch für was gut

50 Millionen Euro aus frei werdenden Bundesmitteln könnten in den Berliner Landeshaushalt fließen und für eine bessere Kitaausstattung genutzt werden.

Nach dem Ende der Herdprämie: Bayern bleibt Bayern

Bundesregierung, Landesregierungen, Parteien und Sozialverbände feiern das Ende des Betreuungsgeldes. Nur die CSU will es weiterzahlen.

Kommentar Urteil zum Betreuungsgeld: Jetzt muss der Kitaausbau kommen

Das Bundesverfassungsgericht hat das Betreuungsgeld für rechtswidrig erklärt. Die Millionen, die nun frei werden, werden dringend benötigt.

Verfassungsgericht über Betreuungsgeld: Herdprämie gekippt

Das Bundesverfassungsgericht erachtet das Betreuungsgeld als unrechtmäßig. Die Bundesregierung habe mit der Einführung ihre Befugnisse überschritten.

Geflüchtete Minderjährige: Auf ganz Deutschland verteilt

Minderjährige Asylsuchende sollen nun wie Erwachsene nach einem Verteilungsschlüssel auf alle Bundesländer verteilt werden. Bislang war dies verboten.