taz.de -- Autonomer Freiraum: Koze spielt den Ball zurück

Das Koze soll sich von Linksextremisten distanzieren, rät der Verfassungsschutz. Das Zentrum hingegen fordert die Politik auf, endlich Stellung zu beziehen
Bild: Wie geht‘s weiter? PolitikerInnen sollen sich positionieren, fordert das Koze.

Hamburg | taz Der Chef des Verfassungsschutzes, Torsten Voß, hat das Kollektive Zentrum (Koze) aufgefordert, sich von LinksextremistInnen zu distanzieren – wenn das Projekt die Chance wahren wolle, bestehen zu bleiben. Er warnte vor der Zusammenarbeit mit Gruppen wie der „Interventionistischen Linken“, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Eine „zweite Rote Flora“, sieht Voß im Koze jedoch nicht.

Die AktivistInnen lehnen eine Spaltung ab: „Wir orientieren uns nicht an Kategorien des Verfassungsschutzes und sind mit allen im Zentrum absolut solidarisch“, sagt Saskia vom Koze: „Hier macht eine Behörde Politik, das ist nicht ihre Aufgabe.“

Neun Tage dauert nun schon, was sie im Koze „die Besatzung“ nennen. Ein Zaun ist vergangene Woche um einen Teil der Gebäude im Münzviertel gezogen worden – offiziell wegen Asbestarbeiten und begleitet von einer Hundertschaft der Polizei. Der Zaun wird rund um die Uhr bewacht, aus Angst, die AktivistInnen könnten ihn einreißen.

Die Menschen im Zentrum allerdings arbeiten weiter friedlich an den Projekten des Koze. In ihrem offenen Brief fordern sie nun Abgeordnete von SPD, den Grünen und der Linkspartei auf, Stellung zu beziehen. Sie kritisieren, dass der Diskurs bisher von Behörden diktiert wird – allen voran von der Finanzbehörde, die für die Verwaltung städtischer Immobilien zuständig ist. Die Äußerungen von deren Sprecher Daniel Stricker, „Was das Koze für Märchen erzählt, interessiert uns einen feuchten Kehricht“, in der taz vom 31. Juli, lassen sie „bewusst unkommentiert“.

Claudia Hartmann, Fraktionssprecherin der Grünen, möchte sich noch nicht klar positionieren: „Wir antworten erst mal intern dem Koze.“ Rückendeckung bekommt die Kulturinitiative von der Linksfraktion. Die Bürgerschaftsabgeordnete Christiane Schneider sagt: „Die Stadt muss auf das Koze zugehen, Hamburg braucht solche Freiräume.“ Sie unterstützt die Forderungen der AktivistInnen.

Unter den Forderungen findet sich auch ein „Gespräch mit allen Akteuren“ über die weitere Nutzung des Geländes. Darauf hatten sich die Finanzbehörde und das Zentrum am 9. Juni geeinigt. Doch auf eine Einladung warten die AktivistInnen noch immer. „Das ist eine Bankrotterklärung der Behörde“, meint Schneider. Das Koze hatte im Gegenzug eine Begehung des Geländes durch die Behörde und den zukünftigen Investor gestattet. Diese fand bereits am 15. Juni statt.

Zudem befindet sich im abgesperrten Bereich des Geländes Eigentum des Koze. Die Polizei weigert sich laut den AktivistInnen jedoch, dieses zurückzugeben. Dass der „Eskalationskurs“, wie Schneider und die AktivistInnen das Vorgehen der Finanzbehörde bezeichnen, ausgerechnet in der Sommerpause Fahrt aufnimmt, ist für sie kein Zufall. Die Politik sei auch deswegen so inaktiv, weil in der Stadt so wenig los ist: „Der Zeitpunkt ist sehr bewusst gewählt“, argwöhnt Schneider.

Wenn der Kurs weiter von „Hardlinern aus den Verwaltungseinheiten“ diktiert wird, wie das Zentrum sie nennt, dann sieht Schneider das Koze vor dem Aus. Ein Schlag ins Gesicht wäre das in ihren Augen – nicht nur für die Arbeit des Kollektiven Zentrums, sondern auch für das ganze Münzviertel, das von vielen sozialen Initiativen lebe, „die die Lasten tragen, die in einer Großstadt wie Hamburg anfallen“.

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Kristof Botka

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