taz.de -- Kommentar Atomkraft und Korruption: Endlager sind Sache des Staates
Sechs Unternehmen haben bei der Umrüstung von Schacht Konrad geschmiert. Konsequenzen muss es auch für den Generalunternehmer geben.
Bei der Umrüstung der früheren Eisenerzgrube Schacht Konrad zum Endlager für schwach und mittelradioaktiven Müll haben sechs Bergbaufirmen wettbewerbswidrig ihre Preise abgesprochen. So und durch hohe Schmiergeldzahlungen an den nun verurteilten freiberuflich tätigen Ingenieur konnten sie beeinflussen, wer welche Aufträge an Land zog. Dabei ging es nicht um Kleinigkeiten, sondern um Arbeiten im Wert von mehr als 120 Millionen Euro.
Beim Bau und Betrieb von Atomanlagen ist allerhöchste Sorgfalt geboten. Ein falscher Handgriff, ein falsch eingesetztes Teil kann katastrophale Folgen haben. Die Professionalität und Zuverlässigkeit aller beteiligten Personen, Firmen und Behörden muss gewährleistet sein. Das gilt nicht nur fachlich, sondern auch ethisch. Wer diese Voraussetzungen nicht erfüllt, darf kein Endlager bauen, das Hunderttausende Jahre lang sicher sein soll.
Konsequenzen muss es nicht nur für die bestechenden Unternehmen geben. Wo wie in Salzgitter ein einzelner Ingenieur die Auftragsvergabe manipulieren kann, mangelt es auch an staatlicher Aufsicht. Das Bundesamt für Strahlenschutz, gewissermaßen Bauherr des künftigen Endlagers, hat sich für nicht zuständig erklärt und auf die Verantwortung des Generalunternehmers verwiesen – die Deutsche Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern. Die DBE war ursprünglich selbst ein Staatsbetrieb. Heute gehört sie zu 75 Prozent den AKW-Betreibern. Sie ist auch Mitglied der Lobbyorganisationen Atomforum und Kerntechnische Gesellschaft.
Der Fall zeigt, dass die vertraglich zementierte Monopolstellung beim Endlagerbau und die Eigentümerstruktur der DBE zu nichts Gutem führen. Es darf nicht sein, dass die Abfallverursacher, die ein Interesse an einer möglichst billigen Atommüll-Entsorgung haben, Zugriff auf das zentrale Endlager-Unternehmen in Deutschland haben. Die DBE muss wieder verstaatlicht werden.
30 Jul 2015
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Der Bund prüft, ob das Technologieunternehmen den Staat an den Kosten für seinen Atommüll beteiligen kann – so wie die Energiekonzerne.
Die Bundesumweltministerin schließt eine Erweiterung des Endlagers nicht aus. Die Grünen und 19 Kreistage fordern eine Neubewertung der Sicherheitslage.
Wie lässt sich das nötige Geld für den Atomausstieg sichern? Jürgen Trittin hofft auf eine Einigung der von ihm geleiteten Kommission mit den Betreibern.
Zusätzlicher schwachradioaktiver Atommüll soll zusammen mit hochradioaktivem gelagert werden. Das neue Endlager muss größer ausfallen
Nahe der deutsch-französischen Grenze soll das erste Endlager für Atommüll gebaut werden. In Deutschland reagiert man irritiert.
Ein Ingenieur wurde wegen Bestechlichkeit zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Es ging um Aufträge für mehr als 120 Millionen Euro.
Das AKW Brunsbüttel soll abgebaut werden. Doch über den Abriss herrscht Streit zwischen den Anti-Atom-Initiativen und dem Energieministerium.
Das berühmte AKW Grafenrheinfeld geht am Sonntag vom Netz. Ohne Blackout. Doch die radioaktiven Reste wird der Ort so schnell nicht los.
Das Umweltministerium will alle Bundesländer in die Pflicht nehmen. SPD-Ministerpräsident Weil findet, Niedersachsen habe seine Pflicht schon getan.
Schleswig-Holsteins Umweltminister Habeck stellt ein Konzept für die Bergung des Atommülls im Atomkraftwerk Brunsbüttel vor. Bis zum Jahr 2018 sollen die letzten rostigen Fässer umgefüllt sein.