taz.de -- David Camerons Anti-Terror-Plan: Die britische Stärke der Vielfalt

Premier David Cameron betont in einer Rede die Kraft der Integration. Will aber im Kampf gegen den islamischen Terror auch neue Gesetze.
Bild: „Eine Nation, ein Großbritannien“: David Cameron will diese Nation besser schützen.

London taz | Der britische Premierminister David Cameron hat am Montag in einer einstündigen Ansprache sein Antiterrorprgramm für die kommenden fünf Jahre vorgestellt. Als Ort hierfür hatte er eine Schule in Birmingham ausgewählt. In Birmingham wurden bei anderen Schulen bei einer Untersuchung vor einem Jahr angeblich salafistische Haltungen festgestellt. Diese hatten sich zwar nicht generell bestätigt, doch waren Geschlechtertrennung und fehlender Sexualkundeunterricht in der Schule als alarmierende Zeichen gewertet worden.

In seiner Rede betonte Cameron, dass im Hintergrund seines Denkens der Glaube stehe, das Großbritanniens Stärke seine menschliche Vielfalt sei, sowohl in Hinsicht auf Herkunft, Geschlecht, Sexualität als auch Religion.

Als eine Zielgruppe seiner Maßnahmen nannte er „nicht gewalttätige Extremisten“, deren Meinungen aber den Extremismus fördern würden. Cameron forderte, dass extremistische islamistische Gruppen, die Weltverschwörungstheorien verbreiteten, genauso behandelt werden müssten wie Neonazi Gruppen.

Auch an Universitäten dürfe es keinen Raum für falsche kulturelle Sensibilitäten geben, sagte er, und fügte an, dass das auch bei einem Verdacht auf Zwangsehen und Genitalverstümmelung gelte. Hier müsse sich die Allgemeinheit im Namen britischer Werte für Frauen von Minderheiten einsetzten. Cameron kündigte dazu ein neues Gesetz an, das Opfern von Zwangsehen eine lebenslange Anonymität zusichert.

Gefahr Internet

Um der Glorifizierung des Islamischen Staates (IS) entgegenzutreten, kündigte Cameron verstärkt den Einsatz von Zeugen aus den betroffenen Regionen an, darunter kurdische und syrische Überlebende.

Auch im Internet sollte mehr getan werden. Er beschuldigte Internetfirmen, kommerziellen Nutzen ziehen zu wollen – sie seien erfolgreich gegen kinderschändende Beiträge vorgegangen, scheinen aber dennoch Probleme damit zu haben, auf diese Weise Extremisten ausfindig zu machen. Außerdem will es der Premier mit einem neuen Gesetz Eltern ermöglichen, den Pass ihrer Kinder direkt sperren zu lassen, falls sie den Verdacht haben, dass ihre Kinder sich dem IS anschließen wollen.

Cameron versprach muslimischen Briten, die persönliche Initiativen gegen Fundamentalismus in Gang bringen wollten, finanzielle Hilfe, eine politische Plattform und persönliche Sicherheit. Außerdem soll ein neues Forum gegründet werden, das Ideen verschiedenster Herkunft direkt zur Regierung tragen soll.

Eine weitere Maßnahme bestehe in Überlegungen, wie die Ausgrenzung von Migranten bekämpft werden könne. Dazu könne Schulen mit Integrationsprogrammen geholfen werden. Großbritannien habe sich gegen Hitler, den Kommunismus und die IRA gewehrt und werde auch heute seine britischen Werte verteidigen, so der Premier.

20 Jul 2015

AUTOREN

Daniel Zylbersztajn

TAGS

Großbritannien
David Cameron
Islamismus
„Islamischer Staat“ (IS)
Großbritannien
Schwerpunkt Brexit
Nordirland
Großbritannien
David Cameron
Großbritannien
London

ARTIKEL ZUM THEMA

Tote und Verletzte bei Messerattacke: Londons diffuse Terrorangst

Nach einem tödlichen Amoklauf mitten in Londons Touristenviertel bleiben viele Fragen offen. Die Häufigkeit seltsamer Vorfälle nimmt zu.

Vor der Abstimmung über den Brexit: Ein Besuch im Hotspot Dover

Menschen und Waren haben die Hafenstadt reich gemacht. Doch weder Migranten noch die EU sind in Dover derzeit willkommen.

IRA-Streit in Nordirland: Premier Robinson tritt zurück

Die Koalitionsregierung Nordirlands steht womöglich kurz vor dem Aus. Es gibt Streit über neue Informationen zum Mord an einem früheren IRA-Mitglied.

Obama über Großbritannien und EU: „Sicherer und wohlhabender“

Barack Obama drängt Großbritannien zum Verbleib in der EU. Die Briten sollen bis spätestens Ende 2017 per Referendum abstimmen.

Konservative in Großbritannien: Streikrecht soll eingeschränkt werden

Die Konservativen in Großbritannien legen die Axt an die Rechte der Gewerkschaften. So soll der Labour-Partei der Geldhahn zugedreht werden.

Hilfsmaßnahmen für Griechenland: London macht nicht mit

Großbritannien will sich nicht an der Finanzspritze für Griechenland beteiligen. Die EU-Skepsis wächst, bis 2017 gibt es auf der Insel ein Referendum über einen Brexit.

10 Jahre nach den Anschlägen in London: Sousse schreckt auf

Am 7. Juli 2005 wurden in London 52 Menschen bei Anschlägen getötet. Die Regierung gedenkt – und bildet eine Antiterrortruppe.