taz.de -- Kommentar Bruch mit Griechenland: Zynische Euroretter
Griechenland taumelt auf den Euro-Ausstieg zu und die Euroretter wissen nicht mehr weiter. Sie hoffen nun, dass die EZB das Land rettet.
Seit Monaten wird über einen möglichen Bruch zwischen Griechenland und seinen Gläubigern spekuliert. Schon im Januar streute die Bundesregierung das Gerücht, ein Grexit sei kein Problem, man habe alles im Griff. Noch am vergangenen Freitag betonte Kanzlerin Merkel, ein „Plan B“ sei kein Thema. Doch nun ist der Ernstfall eingetreten, und siehe da: Die Euroretter sind ratlos.
Statt sofort einen Krisengipfel der Staats- und Regierungschefs einzuberufen, wie es früher einmal üblich war, haben sie den Bruch mit Griechenland wie einen Verwaltungsakt durchgewinkt. Statt einen Fahrplan für einen geordneten Ausstieg aus dem gescheiterten Hilfsprogramm vorzulegen, haben sie an Athen appelliert, für Stabilität im Finanzsystem zu sorgen.
Das ist etwa so, als würde man einem Schwerverletzten die Notbeatmung abstellen und ihn dann noch bitten, für frische Luft zu sorgen. Zynisch klingt auch die Beteuerung, man wolle Griechenland trotz allem unbedingt im Euro halten. Das sagten die Finanzminister nur wenige Minuten, nachdem sie ihren Kollegen Varoufakis ein für alle Mal aus dem Raum herauskomplimentiert hatten.
Die bittere Wahrheit: Griechenland taumelt auf den ungeordneten Ausstieg aus dem Euro zu. Der Grexit wird nicht nur Hellas erschüttern, sondern ganz Europa. Wenn es dumm läuft, erleben wir den europäischen Lehman-Moment. Als die Amerikaner 2008 die Investmentbank Lehman Brothers pleitegehen ließen, dachten sie auch, das sei nur ein Verwaltungsakt.
Nun kann nur noch die Europäische Zentralbank das Schlimmste verhindern, EZB-Chef Draghi muss – wie auf dem Höhepunkt der Eurokrise 2012 – für die Politik die Kohlen aus dem Feuer holen. Dieselben, die Griechenland eben noch fallen ließen, hoffen nun, dass Draghi das Land doch noch rettet. Das ist Zynismus pur.
29 Jun 2015
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