taz.de -- UN-Gipfel zur Erderwärmung: Klimakiller sponsern Klimakonferenz
Der UN-Gipfel von Paris wird von Firmen finanziert, die die Erderwärmung vorantreiben. Umweltschützer sind empört, die UN bleiben entspannt.
BERLIN taz | Die UN-Klimakonferenz von Paris im Dezember wird teilweise von Unternehmen finanziert, die mit ihrem Geschäftsmodell kräftig zur Erderwärmung beitragen. Auf der offiziellen Liste der „Unternehmen und Mäzene“, die am Mittwoch gut versteckt auf der Website der französischen Regierung veröffentlicht wurde, stehen unter anderem die Fluggesellschaft Air France, der Autokonzern Renault-Nissan und die Energiekonzerne EDF und Engie/GDF-Suez. Gemeinsam mit anderen Unternehmen sollen sie bis zu 20 Prozent der Kosten des UN-Gipfels aufbringen, die auf 170 Millionen Euro geschätzt werden.
In den ersten zwei Dezemberwochen findet in Paris die „COP 21“ genannte UN-Klimakonferenz statt, auf der 193 Staaten ein weltweites Abkommen zum Klimaschutz ab 2020 schließen wollen. Um den Inhalt dieses „Paris-Protokolls“ wird in den nächsten Monaten intensiv verhandelt, unter anderem auch auf dem G-7-Gipfel in Elmau. Die größten Probleme liegen bei den Fragen: Welche Länder reduzieren wann ihre Emissionen und um wie viel? Wie sieht die Hilfe bei der Anpassung für die Opfer des Klimawandels aus? Und wer soll das alles bezahlen?
Zumindest für die Konferenz in Paris hat die französische Regierung darauf eine Antwort: Bis zu etwa 20 Millionen Euro sollen nach ihren Plänen als Sachmittel oder Finanzspritzen von etwa 20 französischen und internationalen Unternehmen kommen. „Wir haben niemanden von vornherein ausgeschlossen“, sagt Pierre-Henri Guignard, in der Regierung zuständig für die Organisation der COP. „Aber die Unternehmen müssen ein langfristiges Engagement fürs Klima zeigen“.
Der Ölkonzern Total gehört etwa nicht zu den Sponsoren. Neben der Post sind das Banken und Versicherungen wie BNP Paribas, Generali und Axa, der Möbelkonzern Ikea und das Luxusgüterhaus LVMH. Dabei sind aber auch Air France, der Energiekonzern EDF und Engie, Renault-Nissan und der Ressourcenkonzern Suez. „Die Unternehmen tragen direkt oder indirekt zur Erderwärmung bei“, heißt es auf der offiziellen COP21-Internetseite. „Daher sind sie natürlich unverzichtbare Partner bei der Suche nach effizienten Lösungen“. An die große Glocke hängen die Organisatoren ihre „unverzichtbaren Partner“ allerdings nicht: Die Liste mit den Sponsoren findet sich nur auf der französischen Version der Internetseite. Auf der englischen und spanischen Version fehlt jeder Hinweis auf „unsere Partner“.
Freie Wahl bei Sponsoren
Die Sponsoren der UN-Konferenz kommen bei manchen Umweltverbänden schlecht an: „Die große Mehrheit ihrer Aktivitäten verschmutzt die Umwelt extrem, und viele ihrer Vorschläge sind falsche Lösungen für die katastrophalen Auswirkungen des Klimawandels“, heißt es in einer Erklärung der Lobbykritiker von „Corporate Europe Observatory“, der Umweltgruppe Friends of the Earth, den Globalisierungskritikern von Attac, der Frauenorganisation WECF und dem Klimabündnis [1][350.org].
So wehre sich Air France gegen den Emissionshandel für Fluglinien, Suez treibe das umstrittene Fracking von Gas voran, die Kohlekraftwerke von EDF und Engie stießen außerhalb ihres Mutterlandes halb so viel Kohlendioxid aus wie ganz Frankreich, und BNP Paribas sei groß in der Finanzierung von Kohleprojekten und in der Nutzung von Steueroasen.
Wen die Gastländer der UN-Konferenzen als Sponsoren anheuern, ist zum großen Teil ihnen überlassen. Ausgeschlossen sind allenfalls Firmen, die in Drogen- oder Menschenhandel verstrickt sind. Doch gerade die fossilen Unternehmen will die UN mit an Bord haben, weil nur mit ihnen effektiver Klimaschutz möglich sei, meint Christiana Figueres, Chefin des Klimasekretariats: „Wir müssen aufhören, mit dem Zeigefinger auf die fossilen Unternehmen zu zeigen“, sagte sie Anfang der Woche. Deren technische Expertise und „erstaunliche Macht“ könnten helfen, die Emissionen zu senken. „Es bringt mehr, sie auf unserer Seite zu haben, als sie zu dämonisieren.“
29 May 2015
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Nicht nur für den Austragungsort der Fußball-WM, sondern auch für die jeweiligen Gastgeber des Weltklimagipfels sollte es Mindeststandards geben.
Sie denken, bei Klimakonferenzen kommt alles auf den Tisch? Von wegen. Worüber auch in Paris laut geschwiegen wird.
Während es in Paris um Weltrettung geht, wird in Genf Tisa verhandelt. Das Freihandelsabkommen könnte den Klimaschutz torpedieren.
Die Klimakonferenz in Paris ist ein Riesenereignis. Aber worum geht es überhaupt? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Ganz schön peinlich vor der UN-Klimakonferenz in Paris: China hat bis zu 17 Prozent mehr Kohle verbrannt als gemeldet.
Zehn Energiekonzerne setzen sich für ein starkes Klimaabkommen ein – zu Lasten der Kohle. Der Kampf zwischen den Ölfirmen ist entbrannt.
Die Reform für das zentrale Klimaschutzinstrument soll kommen, hat das Europaparlament entschieden. Die Stahlkocher regen sich jetzt schon auf.
Betreiber alter Kohlekraftwerke sollten eine Klimaabgabe entrichten, so die ursprünglichen Pläne Sigmar Gabriels. Nun scheint er einzuknicken.
In Rotenburg erkranken überdurchschnittlich viele Männer an Blutkrebs. Der Ort ist ein Zentrum der Fracking-Erdgasförderung.
Union und SPD streiten weiter über das geplante Fracking-Gesetz. Nun erhöhen Befürworter und Gegner den Druck auf die Politik.
Die UN-Klimaverhandlungen quälen sich in Richtung eines globalen Abkommens. Aber der wichtigste Punkt ist ungeklärt: die Finanzierung.
Europäische Öl- und Gasförderer wollen mehr für ihren CO2-Ausstoß zahlen, die Stromversorger auch. Sind die jetzt Klimaschützer?
Deutschland will seine Ausgaben zum Klimaschutz verdoppeln. Doch daheim vermeidet Angela Merkel Hilfe im Kampf gegen die Kohle.
Die Formel zur Rettung der Welt: die Erwärmung auf 2 Grad begrenzen. Das ist praktisch unmöglich. Dieser Widerspruch kommt nun auf den Tisch.
Die Industrieländer tun nichts dafür, die Erwärmung bei zwei Grad zu deckeln. Jüngst legte Japan ein schwaches Angebot vor.