taz.de -- Folter in Guantanamo: Ärzte schauten weg
Eine Studie zeigt, dass Ärzte bei Folter in Guantanamo geduldet haben. Laut Wikileaks-Depeschen hat der saudiarabische König vorgeschlagen, den Inhaftierten Chips zu implantieren.
WASHINGTON/LONDON afp/dapd | Ärzte und Psychologen im US-Gefangenenlager Guantanamo sollen laut einer Studie bei Fällen von Folter an Insassen weggeschaut haben. Der saudiarabische König soll vorgeschlagen haben, freigelassene Guantanamo-Häftlinge mit implantierten Chips überwachen zu lassen. Ein Häftling wurde frei gelassen, nachdem er Informationen über Mithäftlinge herausgab.
Eine am Dienstag im Magazin PloS Medicine veröffentlichte Studie ergibt, dass Ärzte und Psychologen Folter in Guantanamo geduldet haben. Die Studie wurde unter anderem von einem ehemaligen Armeegeneral und einem Mitarbeiter der Organisation Physicians for Human Rights verfasst und basiert auf Zeugenaussagen und medizinischen Gutachten von neun Gefangenen, die nach eigenen Angaben während der Haft gefoltert wurden.
In drei von neun Fällen wiesen die Häftlinge Wunden auf, die von schlechter Behandlung herrührten, heißt es in dem Bericht. Militärärzte hätten zudem posttraumatische Stresssymptome bei einigen Guantanamo-Insassen festgestellt, die zuvor keine psychischen Probleme gehabt hätten. Zudem seien Fälle von Vergewaltigung sowie Knochenbrüche und Wunden registriert worden, deren Ursachen nicht hinterfragt worden seien. Nach Angaben eines Ko-Autoren des Berichts handelt es sich um die erste Studie über die Passivität derjenigen, die für die Pflege der Häftlinge zuständig waren. Das US-Verteidigungsministerium war für eine Stellungnahme zunächst nicht erreichbar.
Chips zur Überwachung einpflanzen
Der saudiarabische König hat Wikileaks-Dokumenten zufolge vorgeschlagen, freigelassene Guantanamo-Häftlinge mittels implantierter Chips überwachen zu lassen. Wie der Spiegel am Dienstag unter Berufung auf geheime US-Depeschen meldete, die dem Magazin von der Internet-Enthüllungsplattform zur Veröffentlichung überlassen wurden, machte König Abdallah den Vorschlag im März 2009 im Gespräch mit einem Berater von US-Präsident Barack Obama.
Den potenziellen Gefährdern solle wie bei Pferden oder Falken ein Elektronik-Chip eingepflanzt werden, um sie fortan überwachen zu können. Obamas Berater John Brennan habe Bedenken geäußert: "Pferde haben keine guten Anwälte", zitiert ihn das Magazin aus einer Depesche der US-Botschaft in Riad an Washington.
Das anderthalbstündige Treffen fand demnach am 15. März 2009 im Privatpalast von König Abdallah statt, die als "geheim" eingestufte Depesche stammt vom 22. März. Abdallah habe sich besorgt gezeigt über die mögliche Freilassung von Gefangenen des US-Lagers.
Informant wurde freigelassen
Die USA haben laut von Wikileaks veröffentlichten Geheimdokumenten einen Guantanamo-Häftling freigelassen, nachdem der Mann Informationen zu 123 weiteren Verdächtigen preisgegeben hatte. Der Jemenit wurde den Unterlagen zufolge im Dezember 2001 in Pakistan festgenommen, wie die britische Tageszeitung The Guardian am Dienstag berichtete.
Er lieferte demnach Informationen zu Aktivitäten von Al-Kaida und identifizierte Mithäftlinge als Extremisten. Einige seiner Anschuldigen hätten allerdings nicht verifiziert werden können, schrieb das Blatt. Dem "Guardian" zufolge geht aus den Wikileaks-Dokumenten außerdem hervor, dass ein Al-Kaida-Mitglied, dem Bombenanschläge in Pakistan vorgeworfen wurden, ein Informant des britischen Geheimdienstes war.
Im Guardian, der New York Times und der spanischen Zeitung El País erscheinen Informationen aus mehr als 750 geheimen Unterlagen der US-Streitkräfte zu auf Guantanamo festgehaltenen Terrorverdächtigen, die von der Enthüllungsplattform Wikileaks zugänglich gemacht wurden. Die Regierung in Washington hat die Veröffentlichungen als "unglücklich" kritisiert.
27 Apr 2011
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