taz.de -- Diskussionen um Endlager-Standorte: Guter Bayer, böser Bayer
Strahlenschutzamt-Chef König und Horst Seehofer (CSU) machen sich für einen Neustart bei der Endlagersuche stark. Markus Söder (CSU) weist auf Niedersachsens "tolle Tonschichten" hin.
BERLIN dpa | In der Debatte um eine bundesweite Endlagersuche unterstützt das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) Forderungen nach einem Neustart. Die Festlegung auf den Salzstock in Niedersachsen sei 1977 nach nicht nachvollziehbaren Kriterien erfolgt, sagte BfS-Präsident Wolfram König am Dienstag.
CSU-Chef Horst Seehofer deutete in München seine Bereitschaft zu einer Suche in Bayern an: "Ich bin da offen." Fachleute müssten das offen für ganz Deutschland untersuchen. Bayerns Umweltminister Markus Söder sagte, dass es aber anderswo bessere Optionen gebe: "Wir haben in Niedersachsen sehr tolle Tonschichten."
Niedersachsen fordert ein Gesetz zur Suche eines Atommülllagers, damit die Rahmenbedingungen klar geregelt werden und man gerüstet ist, falls Gorleben ausscheidet.
Zweifel an der Homogenität des Gorlebener Salzes
König betonte, man habe in Gorleben zunächst gesagt, man brauche zwei abdichtende Schichten. "Als sich dann herausgestellt hat, dass die Tonschicht nicht durchgängig vorhanden ist, wurde nachträglich festgelegt, "eigentlich reicht auch das Salz als einzige Barriere aus"". Der BfS-Präsident betonte, es bestünden zudem Zweifel, ob das Salz in Gorleben homogen genug ist. "Störungen sind im Salzstock Gorleben zum Beispiel Öl-, Gas- sowie Lösungsvorkommen", sagte König.
Der BfS-Chef äußerte Zustimmung zu einem möglichen Neustart. "Wir müssen im Endlagerbereich einen Konsens herstellen. Denn das Thema ist eine Herausforderung, die nicht innerhalb von ein paar Jahren oder gar einer Legislaturperiode zu lösen ist." Eine ergebnisoffene Suche bedeute, "dass man sich Wirtsgesteinen, die grundsätzlich infrage kommen - Salz, Ton und mit Abstrichen Granit - nicht mit Ländergrenzen nähert, sondern nach geo-wissenschaftlichen Gesichtspunkten". Eine bundesweite Suche sei aber nur machbar, wenn alle Länder mit potenziell geeigneten Standorten mitmachen.
Guter Bayer Seehofer, böser Bayer Söder
SPD und Grüne fordern für ein Ja zum Atomausstieg eine neue bundesweite Endlagersuche nach klar festgelegten Kriterien. Auch FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle hat sich für eine Ausweitung der Atomendlagersuche nach Süddeutschland ausgesprochen. Bayerns Umweltminister Söder hält ein Endlager für Atommüll in seinem Bundesland für schwer möglich. Die geologischen Gegebenheiten seien nicht geeignet, sagte Söder im ZDF-Morgenmagazin. "Es geht im Konkreten nicht. Eine Nochmal-Bestätigung durch eine Untersuchung ist überhaupt kein Problem."
Seehofer hatte am Montag die Debatte um ein Endlager wieder angestoßen. Er sagte, alle geologischen Aspekte müssten erneut auf den Prüfstand. "Wir müssen erstmal Deutschland ausleuchten." Zuvor hatte sich Bayern gegen eine bundesweite Suche nach Alternativen zu Gorleben gesperrt. Auch Baden-Württemberg, wo es mögliche Tongesteinsformationen gibt, will neu suchen lassen – wenn alle Länder mitmachen und der Atomausstieg unumkehrbar festgelegt wird.
Söder: Granit im bayerischen Wald ist zerklüftet
Söder betonte, dass das Thema angegangen werden muss: "Eine Generation, die auf der einen Seite die Kernenergie nutzen will, muss auch eine Endlagerfrage lösen." Deswegen sei es wichtig, neue Überlegungen anzustellen. Allerdings komme Bayern wohl kaum infrage. In Niedersachsen seien etwa Tonschichten 1000 Meter dick, in Bayern lediglich 100 Meter. Der Granit im Bayerischen Wald sei zudem sehr zerklüftet.
Mit Blick auf einen möglichen Neustart in der Endlagersuche betonte die seit Jahrzehnten gegen Gorleben kämpfende Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg, dass die Kehrtwende Seehofers noch lange nicht bedeute, dass Gorleben aus dem Pool möglicher Standorte gestrichen wird. "Wir arbeiten von uns aus jetzt weiter an dem Nachweis, dass aus geo-wissenschaftlicher Sicht sich Gorleben als Standort verbietet", kündigten die Gorleben-Gegner an.
1 Jun 2011
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