taz.de -- taz-Serie Hamstertouren mit dem Rad (8): "Es ist ein gutes Bienenjahr"

BerlinerInnen suchen Natur - Brandenburg hat reichlich davon. Die taz fährt per Rad zu den besten Plätzen. Teil 8 (und Schluss): Die Imkerei in Garzau.
Bild: Fabian Lahres und seine Bienenstöcke

Auf dem Hof der Imkerei Lahres sieht es nach Arbeit aus. Rund um die Feldsteinscheune stehen dutzende Bienenkästen im hohen Gras. Drinnen riecht es nach Wachs. Es ist Hochsaison. Fabian Lahres stapelt volle Honigwaben vor seiner automatischen Schleuder, eine meterlange Maschine aus Edelstahl. Der Bioimker hat sich vor zwei Jahren in Garzau niedergelassen, einem lebendigen Dorf in der Märkischen Schweiz. Hier bewirtschaftet er über 300 Völker.

"Imkern ist schon ein bisschen Abenteuer. Es vergeht keine Saison ohne Pannen und Havarien. Man ist die ganze Zeit in der Natur, ich schlafe auch draußen bei den Bienenvölkern. Der Hauptjob ist ja, die Bienen zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu haben. Im letzten Jahr bin ich bis in den Schwarzwald gefahren. Die Prognosen für Waldhonig waren gut. Also bin ich mit 150 Völkern runter, Laster und Anhänger waren voll. Und dann gab es nur Regen. Ich habe nichts geerntet, es war alles umsonst.

Das sind die Tiefschläge. Trotzdem gehöre ich zu den risikofreudigen Imkern. Man hat eine größere Ausbeute, wenn man seine Völker bewegt. Berufsimkerei ist immer Wanderimkerei. Es gibt viele, die zur Robinienblüte hierher kommen. Aus Aachen, aus München, einer aus Bietigheim-Bissingen. Von überall her kommen die angewandert. Hier ist der beste Robinienstandort in ganz Deutschland!

Ab und an gibt es Reibereien um die Stellplätze. Aber eigentlich ist genug für alle da. Es gibt ja insgesamt viel zu wenig Bienen. Die Zahl der Völker hat rapide abgenommen, vor allem im Osten. In der DDR wurde für Honig sehr gut bezahlt. Die Imker konnten ihre Ernte einfach an den Staat abliefern, das war ein lukratives Geschäft. Nach der Wende musste man sich selbst um die Vermarktung kümmern, das haben viele nicht hingekriegt.

Ich selbst bin bei meiner landwirtschaftlichen Ausbildung auf die Imkerei gekommen. Wir hatten einen Imker auf den Betrieb, da hat es mich ziemlich gepackt. Die Natur bietet ein riesiges Potenzial und man braucht nicht viel mehr als Holzkisten, um das zu nutzen. Verbunden mit dieser Dynamik, die so ein Bienenvolk hat, ist das einfach faszinierend. In der Imkerei hängt ja alles vom Wetter ab. Dieses Jahr kamen die Blüten extrem früh und teilweise gleichzeitig. Da wird es für mich stressig, weil der Honig im schnellen Wechsel abgeerntet werden muss. Man versucht ja, möglichst sortenreinen Honig zu produzieren.

Ich wandere zum Beispiel in die Magdeburger Börde in den Raps. Dann schleudere ich den Honig und bin pünktlich zur Robinienblüte wieder hier. Das hat dieses Jahr nicht geklappt. Der Raps stand noch in voller Blüte, da ging es schon mit der Robinie los. Das heißt, ich konnte einen Teil der Völker nicht für beide Blüten nutzen wie sonst immer. Insgesamt aber ist es ein sehr gutes Bienenjahr. Die Nektarabgabe ist abhängig von der Temperatur, von der Luftfeuchtigkeit und auch von der Bodenfeuchte. Die Robinie braucht zum Beispiel dieses heiße und schwüle Wetter, dann honigt sie wie verrückt. Und auch die Kornblume braucht es warm. Kornblumenhonig mag ich am liebsten. Das ist ein sehr aromatischer, dichter Honig. Und ich erzeuge ihn gern. Diese blauen Felder sehen toll aus. Und man muss sich richtig Mühe geben, diesen Honig zu bekommen. Kornblumen wachsen ja jedes Jahr woanders. Kurz vor der Blüte fahre ich die Gegend ab, erst da kann ich einschätzen, wie stark der Bestand ist, ob es sich für eine Ernte lohnt. Inzwischen habe ich Kontakte zu Bauern. Die kennen ihre Ecken, wo sie Kornblumen haben, genau, denn das sind die Ecken, die sie hassen. Die Bauern versuchen, die Kornblume tot zu spritzen, und die Imker freuen sich, wenn es nicht klappt. Zu so einem seltenen Honig habe ich eine ganz andere Beziehung als etwa zu Raps.

Im Moment verkauft sich aber aller Honig gut. Man merkt schon, es ist ein Trend zu heimischen Produkten da. Ich glaube, so gut war die Situation für uns Imker seit Langem nicht mehr. Aber man muss sich hundertprozentig dahinterklemmen. Vor allem im Sommer, wenn die anderen am See liegen, laufe ich den Bienen hinterher, sonst funktioniert es nicht. Das sind mindestens zwölf Stunden Arbeit am Tag, sieben Tage die Woche. Man investiert unheimlich viel Kraft in so einen Betrieb, die ganze Familie steckt stark zurück, die sozialen Kontakte leiden. Bis man dahin kommt, dass man davon leben kann, ist der Weg weit. Ich bin jetzt als Imker in meiner achten Saison, das waren harte Jahre mit vielen Rückschlägen."

9 Jun 2011

AUTOREN

Schweizer

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