taz.de -- Kommentar Griechenland: Ein letztes Aufgebot in Athen
Die neue Regierung muss die eigene Partei überzeugen, die Troika beeindrucken und die "Empörten" auf der Straße zum Zuhören bringen. Doch das ist fast unmöglich.
In Athen wurde gestern die Regierung Papandreou II ausgerufen. Ob das letzte Aufgebot der Pasok am Dienstag das Vertrauensvotum übersteht, ist keineswegs sicher. Aber es ist auch ziemlich egal. Wichtiger als die Zustimmung der eigenen Parlamentsfraktion ist die Frage, ob die neue Regierung einen Teil der Demonstranten beeindrucken kann, die das Parlament belagert haben.
Mit dem erklärten Ziel, das mittelfristige Sparprogramm zu verhindern, das die Regierung unter dem Druck ihrer internationalen Gläubiger - repräsentiert durch die Troika aus EU-Kommission, EZB und IWF - durchbringen will.
Die neue Regierung muss die eigene Partei überzeugen, die Troika beeindrucken und die "Empörten" auf der Straße zumindest zum Zuhören bringen. Dass dies fast unmöglich ist, zeigen die Probleme bei der Besetzung des Finanzministeriums: Der alte "Sparkommissar" Papakonstantinou wurde geopfert, weil er für die Demonstranten ein rotes Tuch und für die Fraktion ein ständiges Ärgernis war; bei der Troika aber galt er als "verlässlicher" Partner.
Deshalb wollte Papandreou als neuen Finanzminister unbedingt Loukas Papadimos, der als ehemaliger Vize der EZB das Vertrauen der Troika genießt. Papadimos Absage war für die Regierung Papandreou II fast schon der Todeskuss.
Den unmöglichen Job bekam Ex-Verteidigungsminister Venizelos, der als Rambo gilt. Und vielleicht als letzte Hoffnung für eine Regierung, deren Schicksal von den Steuereinnahmen abhängt. Denn das künstliche griechische Wirtschaftswunder bestand darin, auf Pump einen verfetteten Staatssektor zu finanzieren, ohne das Steuerparadies für die Begüterten abzuschaffen.
Nur wenn es den Steuersündern an den Kragen - und an die Auslandskonten - geht, werden die "Empörten" glauben, dass nicht nur sie zur Kasse gebeten werden.
17 Jun 2011
AUTOREN
ARTIKEL ZUM THEMA
Der Premier hat eine Abstimmung gewonnen. Doch jetzt kommt noch mehr: Papandreou muss Einsparungen und Steuererhöhungen durchsetzen. Und vor der Tür protestieren die Bürger.
Schon jetzt müssen eine Lehrerin und eine Ingenieurin in Athen mit jedem Euro rechnen. Das wird noch schwerer, wenn Papandreou die Vertrauensfrage übersteht.
Neues EU-Geld gibt es erst, wenn Griechenland ein neues Sparpaket verabschiedet hat. Und private Gläubiger sollen zu seiner Umschuldung beitragen. Offen ist nur, wie.
Die EU-Finanzminister treffen sich in Luxemburg, um Hilfen für Griechenland zu beraten. Viele Griechen wollen nicht mehr sparen.
In Berlin finden Bundeskanzlerin Merkel und Frankreichs Staatschef Sarkozy zur einer gemeinsamen Sprache im Griechenland-Streit zurück. Sie wollen nun rasch handeln.
Es ist ein riskantes Spiel: In der Diskussion über die Umschuldung Griechenlands üben die Ratingagenturen nach wie vor enormen Einfluss aus.
Griechenlands Premier Giorgos Papandreou hat einen neuen Finanzminister zur Lösung der Finanzkrise ernannt: den bisherigen Verteidigungsminister Venizelos.