taz.de -- Sparpaket in Griechenland: Papandreou ringt um Mehrheit
Erst wenn das griechische Parlament das umstrittene Sparpaket beschlossen hat, soll das Land wieder frisches Geld erhalten. Die Mehrheit des Premierministers wackelt.
ATHEN/PARIS dpa/dapd | In Griechenland beginnt das Parlament am heutigen Montag mit mehrtägigen Beratungen über das umstrittene Sparprogramm der Regierung von Ministerpräsident Giorgos Papandreou. Von der Annahme des Pakets, mit dem bis 2015 78 Milliarden Euro eingespart werden sollen, hängt die Auszahlung einer weiteren Kredittranche von EU und IWF in Höhe von 12 Milliarden Euro ab.
Außerdem ist der strikte Sparkurs Voraussetzung für ein neues Hilfspaket im Umfang von bis zu 120 Milliarden Euro, dass am kommenden Wochenende von den EU-Finanzministern beschlossen werden soll.
Fließt das Geld nicht, ist Griechenland pleite. Am Mittwoch sollen die Abgeordneten entscheiden. Die regierenden Sozialisten haben 155 Sitze um 300-köpfigen Parlament. Zwei Abgeordnete haben bereits angekündigt, "unter den jetzigen Umständen" können nicht das Sparprogramm billigen. Es handelt sich um zwei Parlamentarier, deren politische Klientel direkt oder beruflich mit der zur Privatisierung anstehenden Elektrizitäsgesellchaft (DEI) verbunden sind.
Unternehmer Robopoulos will nicht mitstimmen
Der aus der Hafenstadt Thessaloniki stammende Thomas Robopoulos ist Unternehmer. Sein Familienbetrieb bekomme nach Informationen der griechischen Presse Aufträge von der Elektrizitätsgesellschaft. Der andere potenzielle Abweichler, der 62-Jährige Alekos Athanasiadis wurde in der Region der Stadt Kozani gewählt. In dieser Region gibt es die größten griechischen Braunkohle-Kraftwerke. Nahezu jeder zweite Einwohner arbeitet bei der DEI oder hat ein Mitglied seiner Familie, die von der Elektrizitätsgesellschaft beruflich abhängig ist. Er stehe unter starkem Druck seiner Wähler.
Dem Sparprogramm nach soll der Staat 17 Prozent der DEI verkaufen. Zurzeit hat Athen 51 Prozent der Aktien. Die als privilegiert geltenden DEI-Beschäftigten fürchten, dass sie mit der Privatisierung ihre Vorteile verlieren könnten. Damit könnten ihre Gehälter, die bis das Dreichfache des Durchschnittslohns des privaten Bereichs betragen, gekürzt werden. Wie es aus Kreisen der Regierungspartei der Sozialisten hieß, versucht die Führung der Partei, darunter auch der Finanzminister Evangelos Venizelos, die beiden "Rebellen" umzustimmen. Die Regierungspartei fürchet aber auch einige andere bislang "schweigende" Abgeordnete.
Neuer Plan aus Frankreich
Unterdes berichtet die Zeitung Le Figaro online, Frankreich habe einen neuen Plan zur Beteiligung der Banken an der Griechenland-Hilfe ausgearbeitet. Der Plan werde seit dem EU-Gipfel am Freitag in Europa diskutiert, berichtete die Publikation am Montag in Paris. Danach sollen nur 50 Prozent der Schulden Griechenlands bei Banken verlängert werden. Die 50 Prozent sollten eine Laufzeit von 30 Jahren erhalten, mit einem Zins, wie ihn Griechenland dem Rettungsschirm zahlen müsse, plus ein Zins, der sich an der griechischen Wachstumsrate orientieren könnte. Das Pariser Finanzministerium und französische Finanzinstitutionen wie die Bank BNP Paribas schlügen dagegen vor, insgesamt 70 Prozent der auslaufenden griechischen Schulden zu verlängern, berichtet Le Figaro. Bedeutsam für den Vorschlag sei eine Sitzung des weltweiten Privatbankenverbands International Institute of Finance, das am Montag in Rom zusammenkomme.
Aus Protest gegen das Sparprogramm enthüllten Mitglieder der kommunistischen Gewerkschaft PAME am Morgen auf der Akropolis ein Riesentransparent. "Die Völker ergeben sich nie" war darauf auf Griechisch und Englisch zu lesen. Für Dienstag und Mittwoch haben viele Gewerkschaften des privaten und staatlichen Bereichs Streiks gegen den Sparkurs der Regierung angekündigt.
27 Jun 2011
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