taz.de -- Patentstreit der Smartphone-Hersteller: Apples Zwischensieg über Android
In der Auseinandersetzung zwischen den Smartphone-Herstellern hat Apple nun über den Rivalen HTC triumphiert - die Auswirkungen könnten drastisch werden.
TAOYUAN/WASHINGTON dpa | Apple hat im hitzig laufenden Patentkrieg der Smartphone-Hersteller Boden gutgemacht. Die US-Handelsbehörde ITC entschied, dass der taiwanesische Rivale HTC in zwei Fällen Funktionen von Apple abgekupfert habe.
Der deutsche Patentexperte Florian Müller ging am Wochenende davon aus, dass das Votum wahrscheinlich Auswirkungen auf alle Geräte hat, die mit dem beliebten Android-Betriebssystem von Google laufen. Die Handelsbehörde hat die Macht, die Einfuhr von Geräten in die USA zu untersagen; ihre Entscheidung ist bislang allerdings nur vorläufig.
HTC ist einer der engsten Partner von Google in der Welt der Smartphones und Tablet-Computer. Apple hatte vor mehr als einem Jahr eine Beschwerde vor der Handelsbehörde eingereicht und den Taiwanern Ideenklau bei Smartphones in mehreren Fällen vorgeworfen. Anfang dieses Monats schob Apple dann eine zweite, separate Beschwerde hinterher, nachdem HTC sein ebenfalls von Android angetriebenes Tablet Flyer herausgebracht hatte. Parallel laufen gerichtliche Klagen im US-Bundesstaat Delaware. Die Handelsbehörde agiert jedoch zumeist schneller als die Gerichte, wo sich derartige Verfahren nicht selten über Jahre hinziehen.
Googles Android, das von einer ganzen Reihe an Handy- und Computerherstellern verwendet wird, hat sich zur größten Bedrohung für Apples iPhone-Handy und iPad-Tablet entwickelt. Nach letzten Daten des Marktforschers Comscore liegt der Anteil der Android-Geräte an den Smartphones in den Vereinigten Staaten mittlerweile bei 38,1 Prozent; Apple kommt demnach auf 26,6 Prozent. Apple streitet sich auch mit den beiden großen Android-Nutzern Motorola und Samsung wegen vermeintlichen Ideenklaus. Samsung hat unter anderem in Deutschland Gegenklage eingereicht.
Auch HTC gab sich am Samstag kampfeslustig: "Wir sind darauf eingestellt, uns mit allen Mitteln zu wehren", sagte Justiziarin Grace Lei. Die Entscheidung eines einzelnen ITC-Richters vom späten Freitag muss noch von einer Kommission bestätigt werden. "Wir sind davon überzeugt, dass wir alternative Lösungen parat haben für die Themen, die Apple aufgebracht hat", erklärte die Justiziarin weiter.
Banale Funktionen schützen lassen
HTC wirft Apple seinerseits vor, Patente verletzt zu haben. Zudem haben die Taiwaner ihre Abwehrfront jüngst verstärkt mit dem Kauf des Grafikspezialisten S3, der bereits ein ITC-Patentverfahren gegen Apple gewonnen hat.
Die vielen Klagen in den USA sind nur deshalb möglich, weil sich Hersteller dort auch scheinbar banale Grundfunktionen schützen lassen können - wie etwa den Fingerstreich auf dem Touchscreen, mit dem iPhone-Nutzer ihr Handy entsperren. Experte Müller sieht angesichts der Bedeutung mancher Patente aber kaum eine Möglichkeit, dass die Konkurrenz sie umgehen kann. So wird selbst ein einziger verlorener Patentstreit schnell zu einer ernsthaften Bedrohung. Insgesamt hatte Apple der rivalisierenden HTC im aktuellen Verfahren vorgeworfen, zehn geschützte Ideen gestohlen zu haben; letztlich sah die Handelsbehörde aber nur zwei Patente tatsächlich betroffen.
Smartphones sind für Patentstreitigkeiten anfällig, weil sie Funktionen aus dem Mobilfunk und der Computertechnik verbinden. Apple hatte den Smartphone-Markt mit seinem ersten iPhone 2007 erst richtig angekurbelt, genauso wie der kalifornische Elektronikkonzern 2010 den Tablet-Computern mit seinem iPad zum Durchbruch verhalf. Doch mittlerweile wimmelt es von Konkurrenten besonders aus Asien. Apple hatte sich jüngst in einer milliardenschweren Auktion auch grundlegende Mobilfunk-Patente aus dem Nachlass des untergegangenen kanadischen Telekom-Ausrüsters Nortel gesichert; auch Google hatte letztlich erfolglos mitgeboten.
18 Jul 2011
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