taz.de -- Vor dem Treffen von Merkel und Sarkozy: "Sie reden, während Euroland brennt"

Weltbank-Chef Zoellick warnt, die jetzige Krise sei gefährlicher als die von 2008. Schnelles Handeln sei notwendig. Das beeindruckt die Bundesregierung kaum: Sie will sich mit Hilfen Zeit lassen.
Bild: Können Eurobonds die Krise stoppen? Reicht das?

SYDNEY/BERLIN/ATHEN afp/dpa | "Wir befinden uns am Beginn eines neuen Sturms." Das hat Weltbank-Chef Robert Zoellick der Zeitung Weekend Australian gesagt. Angesichts der Schuldenkrisen in Europa und den USA warnte er vor einer "neuen und gefährlicheren" Zeit für die Weltwirtschaft. Die Schuldenkrise im Euro-Raum schätzt Zoellick als gefährlicher ein als die "mittel- und langfristigen" Probleme der USA, die zur Herabstufung ihrer Kreditwürdigkeit durch die Ratingagentur Standard and Poor's geführt hätten. Die Reaktionen der Euro-Staaten seien bislang nicht ausreichend: "Die Lektion von 2008 ist, dass man umso mehr tun muss, je später man handelt."

Bundestagspräsident Norbert Lammert kündigte derweil an, das Parlament werde sich bei der Beratung über weitere Griechenland-Hilfen ausreichend Zeit nehmen. "Das Thema des europäischen Rettungsschirms ist so wichtig, dass der Bundestag es nicht innerhalb weniger Tage mit der notwendigen Sorgfalt beraten und beschließen kann", sagte er der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Vor dem Paris-Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an diesem Dienstag sorgt sich Griechenland nun auch um die zugesagte Finanzhilfen aus Europa. Es bestehe die Gefahr, dass die Beschlüsse des jüngsten Gipfeltreffens zugunsten von Athen als nicht mehr realisierbar eingestuft würden. "Der Sturm der Märkte bedroht Griechenland", kommentierte die regierungsnahe Sonntagszeitung To Vima.

"Euroland brennt"

"Merkel und (Frankreichs Präsident Nicolas) Sarkozy reden, während das Euroland brennt", hieß es in der griechischen Presse. Deutschland und Frankreich seien derzeit nicht zu gemeinsamen Entscheidungen fähig. Die Kanzlerin und der Staatspräsident kommunizierten derzeit nicht auf der "gleichen Wellenlänge", schrieb die linksliberale Athener Zeitung Eleftherotypia.

Von der Debatte um die auch von Griechenland dringend herbeigesehnten Eurobonds erwarten die Medien in Athen nicht viel Gutes. Selbst wenn Merkel ihren Widerstand gegen europäische Staatsanleihen aufgebe, werde sie im Gegenzug andere Garantien verlangen. Forderungen nach einem neuen Stabilitätspakt mit harten Strafen für Abweichler befürchtete die konservative Zeitung Kathimerini.

Schäuble: "Keine Rettung um jeden Preis"

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) kündigte unterdessen an, es werde "keine Vergemeinschaftung von Schulden und keinen unbegrenzten Beistand" für verschuldete Euro-Länder geben. Weiterentwickelt werden könnten "unter strengen Bedingungen" hingegen "gewisse Beistandsmechanismen", sagte er dem Spiegel. Eine "Rettung um jeden Preis" gebe es aber nicht. "Aber wir wären eine komische Regierung, wenn wir uns nicht immer auf alle Eventualitäten vorbereiten würden", sagte der Finanzminister.

Gemeinschaftliche Staatsanleihen der Euro-Länder, sogenannte Eurobonds, schloss Schäuble erneut aus, "solange die Mitgliedstaaten eine eigene Finanzpolitik betreiben". Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) sagte, Eurobonds würden für Deutschland höhere Zinsen bedeuten und damit zu Lasten des Steuerzahlers gehen.

Gabriel fordert Eurobonds unter Bedingungen

SPD-Chef Sigmar Gabriel fordert eine Einführung von Eurobonds – knüpft dies aber an bestimmte Bedingungen. Im Gegenzug müssten die profitierenden Staaten ihre Fiskalpolitik teilweise unter gemeinsame Kontrolle stellen, sagte Gabriel in der ARD-Sendung Bericht aus Berlin am Sonntag. Allerdings müsse es "einen Unterschied geben in der Zinsbelastung für ein Land wie Deutschland und für ein Land wie Griechenland", sagte Gabriel.

Schon vergangene Woche hatten die Grünen ein "ein gemeinsames Finanzministerium für die Euro-Zone" gefordert. Der Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick hatte der Saarbrücker Zeitung gesagt, es könne nicht sein, "dass die europäischen Regierungschefs in immer kürzeren Abständen Krisen-Gipfel abhalten und dadurch immer neue Unsicherheiten auslösen", sagte Schick. Ein gemeinsames europäisches Finanzministerium war auch schon vom Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, vorgeschlagen worden.

15 Aug 2011

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