taz.de -- Eurobonds-Modelle: Und was hätten wir davon?
Es gibt nicht nur "ganz oder gar nicht". Diskutiert wird auch die Idee, zwei verschiedene Eurobonds auszugeben – gemeinsame und nationale.
BERLIN taz | Die Fragen sind schlicht, die die Bundespolitik bewegen, sobald es um gemeinsame europäische Staatsanleihen geht: Was hätte Deutschland von diesen Eurobonds? Und welche Kosten würden sie für den Bundeshaushalt verursachen?
Bei den Vorteilen der Eurobonds sind sich noch die meisten Analysten einig: Es wäre nicht mehr möglich, gegen einzelne Euroländer wie Italien oder Spanien zu spekulieren und sie durch ständig steigende Zinsen in eine Pleite zu treiben.
Doch wie teuer würden die Eurobonds für den Bundeshaushalt? Da gehen die Antworten weit auseinander. So glaubt das Münchner Ifo-Institut, dass jährliche Mehrkosten von 47 Milliarden Euro anfallen würden. Das würde gut 15 Prozent des Bundeshaushalts entsprechen.
Derartige Berechnungen basieren auf der Überlegung, dass Deutschland momentan sensationell niedrige Zinsen zahlt: Für einen Kredit von zehn Jahren werden nur noch 2,33 Prozent fällig. Kein Land in der Eurozone bekommt seine Kredite billiger. So musste Italien kürzlich noch über 6 Prozent zahlen, bevor die Europäische Zentralbank einschritt.
Würde nun ein gemeinsamer Eurobond ausgegeben, könnte es sein, dass sich der Zinssatz irgendwo in der Mitte jener Zinssätze einpendelt, die bisher für die einzelnen Anleihen der 17 Eurostaaten verlangt werden. Für Deutschland, so das Ifo, würde dies einen Zinsaufschlag von 2,3 Prozentpunkten bedeuten. Die Belastung würde sich also knapp verdoppeln.
Blaue und rote Eurobonds
Aber stimmt diese Rechnung? Vom Ökonom Jakob von Weizsäcker wird dies stark bezweifelt, der für den Brüsseler Think Tank Bruegel arbeitet. "Es kommt auf die Konstruktion der Eurobonds an." Von Weizsäcker schlägt daher ein Modell von "blauen" und von "roten" Bonds vor. Auch Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker und Italiens Finanzminister Giulio Tremonti haben inzwischen einen ähnlichen Vorschlag unterbreitet.
Die Grundidee ist, dass jedes Land sich nur bis zu 60 Prozent seiner Wirtschaftsleistung mit "blauen Bonds" verschulden darf. Diese "blauen Bonds" sind Eurobonds, werden also von allen Euro-Staaten gemeinsam herausgegeben. Wenn ein Land mehr Schulden aufnehmen will, muss es auf "rote Bonds" zurückgreifen. Sie werden von den nationalen Regierungen allein emittiert - eine gemeinsame Haftung der anderen Eurostaaten gibt es nicht. Diese "roten Bonds" dürften auch nicht bei der Europäischen Zentralbank als Sicherheiten hinterlegt oder von Geschäftsbanken aufgekauft werden. Sie wären also vor allem ein Spekulationsobjekt für Hedgefonds.
Von Weizsäcker glaubt, dass die blauen Eurobonds als so sicher gelten würden, dass die Investoren nur niedrigste Zinsen verlangten. Bei den "roten Bonds" der Einzelstaaten hingegen wäre das Risiko so hoch, dass die Zinsen enorm in die Höhe schießen würden. Für die einzelnen Euroländer wäre es daher sehr teuer, die erlaubte Schuldengrenze von 60 Prozent der Wirtschaftsleistung zu überschreiten. Ein automatischer Disziplinierungseffekt wäre also eingebaut. Kritiker wie das ifo-Institut bezweifeln allerdings, dass dieser Disziplinierungseffekt eintreten würde, und vermuten, dass die erlaubte Schuldengrenze von 60 Prozent schrittweise angehoben würde.
Ein anderer Effekt der Eurobonds ist hingegen unbestritten: Erstmals würde ein riesiger einheitlicher Markt für Euro-Staatsanleihen entstehen, der mit dem Angebot an Dollar-Staatsanleihen konkurrieren könnte. Das wäre bares Geld wert: Die USA sparen etwa 0,8 Prozentpunkte bei den Zinsen, weil die Investoren weltweit in den Dollar drängen.
16 Aug 2011
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