taz.de -- Kommentar Berlin-Wahl: Künasts letzter Dienst

Nach dem TV-Duell mit einer schwachen Renate Künast kommen nun vielleicht die Stammwähler zurück. Also jene, denen es bei der Vorstellung von Grün-Schwarz gruselte.

Das war's dann wohl für Renate Künast. Die Spitzenkandidatin der Berliner Grünen hat auch ihre letzte kleine Chance verspielt und das TV-Duell gegen Klaus Wowereit verloren. Der Bürgermeister präsentierte sich wie im gesamten Wahlkampf souveräner und schlagfertiger als seine Herausforderin, die bei Berliner Themen immer noch unsicher herumlaviert.

Autobahnverlängerung? Lieber nicht, sagt Künast und will stattdessen andere Straßen ausbauen. Welche? Keine Antwort. Angesichts sinkender Umfragewerte hat Künast inzwischen auch ihre einzige echte Stärke eingebüßt - ihren Kampfgeist. Doch gerade das könnte den Grünen im Endspurt nützen. Klingt paradox?

Ihre Parteifreunde dürften aufgeatmet haben, als sich Künast jetzt deutlich gegen eine Koalition mit der CDU aussprach. Das war ihr Abschied vom Traum, Hauptstadtbürgermeisterin zu werden, denn der Rückstand zur SPD ist uneinholbar.

Sie hat ihre persönlichen Ambitionen aufgegeben - und Berlins Grünen einen letzten Dienst erwiesen. Vielleicht kommen nun jene Stammwähler zurück, denen bei der Vorstellung gruselte, mit der Stimme für die Grünen den Schwarzen an die Macht zu helfen.

Die Entscheidung über den Chefsessel im Roten Rathaus scheint also entschieden. Vieles spricht für eine rot-grüne Koalition ohne Künast. Wowereit hat nur noch einen Gegner, der seinen Vorsprung verringern könnte: sich selbst.

Seine Siegesgewissheit droht in Ignoranz umzuschlagen, sein inzwischen hemmungsloser, fast schon fetischistischer Einsatz für Autobahn und Flughafen könnte einige ins Grübeln bringen, die zwischen SPD und Grünen schwanken: Will man Wowereit am Ende wirklich wählen, nur weil er cooler und charmanter als die glücklose Künast auftritt?

9 Sep 2011

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Lukas Wallraff

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