taz.de -- Kommentar Chinas Euro-Hilfsangebot: Wir Exportabhängigen

Die chinesische Wirtschaft braucht die westlichen Absatzmärkte. Deshalb greift man den Handelspartnern unter die Arme – nicht etwa als Beweis des Vertrauens.
Bild: Die Hand ausstrecken möchte Chinas Regierungschef Wen Jiabao durchaus - dämpft aber ansonsten die Erwartungen.

Das taugt als Symbol der neuen Weltordnung: Das unter den Druck der Finanzmärkte geratene Euroland Italien hofft auf Geld nicht etwa vom Internationalen Währungsfonds (IWF) und schon gar nicht aus den USA - sondern aus dem Schwellenland China. Dessen vor Reichtum strotzender Staatsfonds soll italienische Anleihen kaufen, die sonst kaum noch ein Anleger will, und auch sonst in Italien investieren.

Was aber treibt das aufstrebende China dazu, in marode europäische Volkswirtschaften zu investieren? Es ist derselbe Grund, der Peking dazu getrieben hat, massenhaft US-Staatsanleihen zu kaufen und so die gigantischen Defizite dieses Landes zu finanzieren: Die chinesische Wirtschaft braucht die westlichen Absatzmärkte. Deshalb greift man den Handelspartnern unter die Arme.

Es ist also mitnichten ein Beweis des Vertrauens in den Euro, wenn sich China jetzt in Euroland engagiert. Hinter dem Hilfsangebot steht vielmehr die Angst eines Staates, dessen Wirtschaft allzu abhängig ist vom Export in die Länder der europäischen Gemeinschaftswährung. Dafür spricht die Bedingung, die Peking für seine Hilfe stellt: Die EU soll künftig auf Klagen wegen Dumpings verzichten.

Es gibt ein anderes Land auf der Welt, das die gleiche Wirtschaftsstrategie fährt wie China und die gleichen Probleme damit bekommen dürfte: Deutschland. Fragt sich, wann es sich hier herumspricht, dass man die angeblich ach so undisziplinierten europäischen Schuldnerländer - immerhin die wichtigsten Handelspartner der Deutschen - nicht einfach vor die Hunde gehen lassen sollte.

Um den europäischen Krisenländern unter die Arme zu greifen, wird viel mehr nötig sein, als immer härtere Sparforderungen zu stellen und ansonsten auf einen fernöstlichen Deus ex Machina zu hoffen.

14 Sep 2011

AUTOREN

Nicola Liebert

ARTIKEL ZUM THEMA

Chinas Pläne für Europa: Nicht mehr als eine "helfende Hand"

Inszenierte Wen Jiabao sein Land zunächst als möglichen Retter in der Not für das überschuldete Europa, gibt es nun gemäßigtere Töne: Peking will helfen, aber nicht zum Hoffnungsträger werden.

China will in Europa investieren: Rote Hilfe

Premier Wen Jiabao bietet Europa finanzielle Unterstützung an – allerdings nicht ohne Gegenleistung. China wünscht sich die Anerkennung als Marktwirtschaft.

Schuldenkrise: China bietet Europa und USA Hilfe an

Peking als Retter in der Not? So inszeniert Wen Jiabao sein Land bei einer Konferenz. Er verspricht neue Investitionen für die schuldengeplagten Kontinente - geknüpft an Bedingungen.

China als Retter des Euro: Hilfe gegen das heiße Geld

Nach Spanien und Portugal bittet jetzt auch Italien um Hilfe aus Fernost. Aber ist es nicht gefährlich, wenn China in Massen europäische Anleihen kauft?