taz.de -- Kommentar Piratenpartei - Pro: Wer gestalten will, geht in den Bezirk
Wenn die Piraten sich und ihre Ziele ernst nehmen, sollte die Entscheidung schnell gefällt sein: für das Bezirksparlament und den Stadtratsposten.
Man könnte es als Luxusproblem bezeichnen, das drei Kandidaten der Piratenpartei in diesen Tagen haben: Weil sie sowohl auf Bezirksebene als auch auf Landesebene ins Parlament einziehen können, müssen sie sich entscheiden: für die bezirkliche Mitbestimmung samt Stadtratsposten in Friedrichshain-Kreuzberg - oder für das Mandat im Abgeordnetenhaus?
Wenn die Piraten sich und ihre Ziele ernst nehmen, sollte die Entscheidung schnell gefällt sein: für das Bezirksparlament und den Stadtratsposten. Dort, wo es keine Koalitionen gibt und auch mal ungewöhnliche Kooperationen entstehen, wo Politik vor Ort gestaltet werden kann und wo der Bürger viel näher dran ist. Wo, wenn nicht dort ließen sich Ziele wie Transparenz und Bürgerbeteiligung angehen?
Na klar, das Abgeordnetenhaus ist attraktiv. Es gibt für fünf Jahre ein geregeltes Einkommen, es gibt Einblicke in spannende Unterlagen und es gibt auf den ersten Blick mehr Macht. Doch genau das dürfte sich für eine kleine Oppositionspartei als Trugschluss erweisen. Im Abgeordnetenhaus wird es keinen Unterschied machen, ob dort fünf oder zehn oder fünfzehn Piraten sitzen. Ihr Potenzial ist es nicht, Mehrheiten zu generieren. Sondern hartnäckig zu sein, zu nerven mit unbequemen Inhalten und dann vermutlich nach und nach zu sehen, wie die anderen Parteien nachgeben oder die Anregungen übernehmen, auch das ist schon vorgekommen.
Mit einem Stadtrat könnten sie dagegen schon in ein paar Wochen Politik machen, gestalten, direkt, nah am Bürger. Das sollte drei Abgeordnete weniger im Parlament wert sein.
1 Jan 1970
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