taz.de -- 82 Tote nach Anschlag in Somalia: Blutige Rückkehr der Islamisten

Die Shabaab-Rebellen bekennen sich zum schwersten Terroranschlag seit Jahren in Mogadischu. Und dies sei erst der Anfang, warnen sie.
Bild: Ein Verletzter nach dem Anschlag in Mogadischu.

GOMA taz | Nach dem blutigsten Terroranschlag in Somalias Hauptstadt Mogadischu seit Jahren hat die international anerkannte, aber im Land weitgehend machtlose Regierung des Landes eine dreitägige Staatstrauer ausgerufen. "Gott wird die Täter bestrafen, und die Regierung wird geeignete Maßnahmen ergreifen, um das somalische Volk zu retten", sagte Staatspräsident Sheikh Sharif Ahmed am späten Dienstag. Auch der UN-Sicherheitsrat verurteilte den Angriff.

Am Dienstagmorgen war ein mit Sprengstoff beladener Lastwagen in einen Ministerialkomplex im Herzen von Mogadischu gefahren worden und in einer Menschenmenge explodiert. Es handelte sich vor allem um Studenten, die vor dem Bildungsministerium Schlange standen, um Stipendien für die Türkei zu beantragen. Mindestens 82 Menschen wurden getötet und über 150 verletzt.

Die islamistischen Shabaab-Rebellen bekannten sich umgehend zu dem Anschlag und warnten, das sei erst der Anfang. "Somalier, wir warnen euch: Bleibt den Gebäuden der Regierung und den Basen ihrer Soldaten fern, es sind noch schwerere Explosionen unterwegs", sagte Shabaab-Sprecher Ali Mohamud Rage.

Der Anschlag markiert eine blutige Rückkehr der Shabaab nach Mogadischu. Erst im August hatten die radikalen Islamisten ihren Rückzug aus der somalischen Hauptstadt verkündet, wo sie jahrelang gegen die schwache Regierung und die sie unterstützende Eingreiftruppe der Afrikanischen Union (AU) gekämpft hatten und vor zwei Jahren fast den Sieg errungen hätten.

Die Verstärkung der AU-Truppe auf mittlerweile knapp 9.000 Soldaten hatte die Shabaab-Kämpfer dieses Jahr aus den zentralen Stadtvierteln und den Märkten der Zwei-Millionen-Stadt verdrängt. Nach wie vor kontrollieren sie allerdings fast die gesamte Südhälfte Somalias außerhalb der Hauptstadt. Beim Rückzug der Shabaab aus Mogadischu hatten Experten gewarnt, die Gruppe werde nun vermutlich verstärkt auf Blitzangriffe und Terroranschläge setzen.

Der Anschlag vom Dienstag scheint das zu bestätigen. Der ins Visier genommene Gebäudekomplex war zwar von AU-Soldaten geschützt, aber gegen einen hereinbrausenden Lastwagen sind diese machtloser als gegen angreifende Straßenkämpfer. "Wir sind noch in Mogadischu", sagte Shabaab-Sprecher Rage in seiner Erklärung. "Wie hätten wir sonst im Herzen der Stadt angreifen können?"

5 Oct 2011

AUTOREN

Dominic Johnson

ARTIKEL ZUM THEMA

Somalische Flüchtlinge in Kenia: Angst vorm langen Arm der Shabaab

In Nairobi sind viele somalische Flüchtlinge gelandet. Doch der Konflikt in ihrer Heimat holt sie ein. Auch Kenia führt in Somalia Krieg gegen die Shabaab-Islamisten.

Kenia will somalische Dörfer angreifen: Twitter als Kriegsbote

Kenia hat auf Twitter Angriffe auf weitere zehn Dörfer in Somalia angekündigt. Die Bewohner wurden aufgefordert, sich in Sicherheit zu bringen.

Somalia: Massaker an Friedenstruppe

Die islamistische Shabaab-Miliz will in Somalia bis zu 150 Soldaten der AU-Friedenstruppe getötet haben. Die Afrikanische Union streitet dies ab - Fotos zum Trotz.

Gewalt am Horn von Afrika: Kenia marschiert in Somalia ein

Nach wiederholten Angriffen der islamistischen Shabaab-Milizen aus Südsomalia über die Grenze schlägt das Nachbarland zurück. Auch US-Spezialeinheiten sollen im Einsatz sein.

Bombenanschlag in Mogadischu: Mindestens 70 Tote

Bei einem Terroranschlag in der somalischen Hauptstadt sollen mindestens 70 Menschen getötet worden sein. Zu dem Anschlag bekannte sich die radikal-islamische Shabab-Miliz.

Antiterrorkampf in Somalia und Jemen: Geheime US-Drohnenstützpunkte

Die USA betreiben geheime Drohnenstützpunkte in Afrika und Arabien. Von dort soll der Antiterrorkampf gegen al-Qaida und verbündete Gruppen geführt werden.

Hungersnot in Somalia: Zu gefährlich zum helfen

Der Bürgermeister Mogadischus verbietet Ausländern, in die Hungergebiete zu reisen. Er fürchtet um die Sicherheit der Helfer und bietet an, Güter durch örtliche Gruppen verteilen zu lassen.

Flüchtlinge aus Somalia: Der Neubeginn im Staub

450.000 Somalier leben in Dadaab, dem größten Flüchtlingslager der Welt. Und täglich kommen 1.200 neue dazu. Sie bauen sich hier ein neues Leben auf.

Hilfe der Afrikanischen Union: Ein bisschen mobil gegen Hunger

Der Sondergipfel für die Hungersnot bleibt hinter den Erwartungen zurück: Die 54 Regierungen sagten gerade mal rund 50 Millionen Dollar zu. Private Initiative bringt mehr.

Kommentar Hungersnot in Somalia: Somalia muss regierbar werden

Die politische Dimension der Hungersnot in Somalia wird oft ausgeblendet. Somalia braucht staatliche Strukturen, aber nicht nach westlichem Modell.