taz.de -- CDU will mit SPD in Mitte regieren: Rot-Schwarz grillt Grüne
Die CDU unterstützt in Mitte den umstrittenen SPD-Bürgermeister und bekommt ihr Grillverbot im Tiergarten. Auf der Strecke bleiben die Grünen.
Die CDU im Bezirk Mitte hat sich überraschend für eine Zusammenarbeit mit der SPD entschieden. Wie die Kreisspitzen beider Parteien am Freitag mitteilten, wollen sie in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) eine Zählgemeinschaft bilden, die den bisherigen Bürgermeister Christian Hanke (SPD) erneut ins Amt wählt. Die Grünen zeigten sich schwer enttäuscht von der Entscheidung der CDU. Sie hatten bis zuletzt auf ein grün-schwarzes Bündnis gehofft, das ihre Spitzenkandidatin, die frühere Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer, zur Bezirksbürgermeisterin wählen würde.
Bei der Wahl am 18. September waren die Grünen in Mitte die einzige Altpartei, die Gewinne verbuchen konnte. Sie kletterte um 6 Prozentpunkte auf 24,1 Prozent. Die SPD verlor deutlich, war mit 29,1 Prozent dennoch wieder stärkste Partei geworden. Den Bezirksbürgermeister darf stets die stärkste Fraktion vorschlagen - es sei denn, andere Fraktionen schließen sich zu einer größeren Zählgemeinschaft zusammen.
Darüber hatten CDU und Grüne in mehreren Runde verhandelt. "Eigentlich war alles vollkommen geklärt", sagt Andrea Fischer. In der Sache habe es "keine Punkte mehr gegeben, wo man sagt, mit den Grünen geht das nicht". Selbst Vorgespräche mit der Linksfraktion, die Grüne und CDU für eine absolute Mehrheit gebraucht hätten, seien schon geführt worden. Einigendes Ziel sei die Abwahl von Hanke gewesen, dessen Amtsführung nahezu fraktionsübergreifend kritisiert worden war.
Grüne und CDU hatten besprochen, ihre jeweilige Basis in der kommenden Woche bei Kreisparteitagen um Zustimmung zu bitten. In der CDU hatte es jedoch Mitte der Woche geheißen, man müsse abwarten, was der Kreisvorsitzende dazu sagt. Das ist der Landesvorsitzende Frank Henkel, der gerade mit der SPD über die Bildung eines rot-schwarzen Senats auf Landesebene verhandelt. "Offensichtlich gibt es landespolitische Umstände, die nun die Kritik an Hanke zurückstellen", sagt Fischer.
Das weist Carsten Spallek zurück. Der stellvertretende CDU-Kreisvorsitzende sagt, ausschlaggebend sei gewesen, dass Rot-Schwarz anders als Grün-Schwarz in der BVV eine eigene Mehrheit habe. Auch könne man sich bei einer Zusammenarbeit mit der SPD inhaltlich stärker einbringen. Beide hätten sich geeinigt, ab 2012 im Großen Tiergarten das Grillen zu verbieten, was die CDU seit Jahren fordert.
Dass die Bezirks-CDU sich aber überhaupt noch mal mit der SPD zusammengesetzt hat, geht auf Drängen der Landespartei zurück. "Da hieß es, redet doch wenigstens mal mit denen", gibt Torsten Reschke, Chef der CDU-Fraktion in der BVV, zu. Bei dem kurzfristig anberaumten Treffen am Donnerstagabend sei die SPD dann, "ohne groß zu zucken", der CDU in allen Punkten entgegengekommen, staunt Reschke. So soll die Union eine Art Superstadtrat bekommen, der für Stadtentwicklung, Ordnungsamt und Wirtschaft zuständig ist. Dafür opferte die SPD sogar ihren bislang für Stadtentwicklung zuständigen Stadtrat Ephraim Gothe.
Das Großressort will die CDU nun nutzen, um etwa die Bürgerbeteiligung bei Bauvorhaben zu verbessern. Mit den Piraten, die mit 9,9 Prozent erstmals in die BVV eingezogen waren, habe er bereits ein sehr angenehmes Gespräch gehabt, sagt Reschke. "Ich freue mich auf Vorschläge der Piraten für neue technische Formen der Bürgerbeteiligung", so der CDU-Fraktionschef zur taz.
Auch die Tür zu den Grünen will die CDU nicht zuwerfen. Schließlich seien die Gespräche sehr konstruktiv gewesen. Die Grünen sind jedoch vergrätzt. "Da wird man erst mal etwas polstern müssen an der Tür", sagte Andrea Fischer.
14 Oct 2011
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