taz.de -- Klimaschutzgesetz in NRW: Entschärfter Gesetzentwurf
Rot-Grün will im Industrieland Nordrhein-Westfalen ein Klimaschutzgesetz durchdrücken. Bis 2050 soll 80 Prozent weniger Kohlendioxid freigesetzt werden.
BOCHUM taz | Als erstes Bundesland will Nordrhein-Westfalen Klimaschutzziele gesetzlich festschreiben. Der Entwurf des grünen Umweltministers Johannes Remmel, den der Düsseldorfer Landtag am Donnerstag in erster Lesung beriet, sieht bis 2020 eine Verringerung des Kohlendioxidausstoßes um 20 Prozent im Vergleich zu 1990 vor. Bis 2050 sollen Industrie, Kraftwerke und Verbraucher mindestens 80 Prozent weniger von dem Klimakiller in die Atmosphäre blasen.
Die rot-grüne Minderheitsregierung unter Hannelore Kraft (SPD) ist das erste Kabinett deutschlandweit, das ein Klimaschutzgesetz vorlegt: In Vorbereitung ist eine entsprechende Initiative auch im grün-rot regierten Baden-Württemberg. Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) war dagegen an den Bundestagsfraktionen von Union und FDP gescheitert.
Umweltverbände wie der BUND oder die Deutsche Umwelthilfe (DUH) loben das Gesetz deshalb als "Meilenstein" - schließlich ist das Industrieland NRW mit seinen 18 Millionen Einwohnern für ein Drittel der deutschen Treibhausgasemissionen verantwortlich: 2010 wurden über 313 Millionen Tonnen klimaschädliche Gase emittiert.
Trotzdem hatte der Grüne Remmel auf Druck der Industrie und von Teilen der SPD und Gewerkschaften den Entwurf vorab entschärfen müssen. Ursprünglich war bis 2050 von Reduktionen von bis zu 95 Prozent die Rede. Außerdem kann die Industrie weiter feilschen. Konkrete Einsparungen sollen in einem "Klimaschutzplan" festgelegt werden, der wahrscheinlich 2013 in Kraft treten wird.
"Laufende Kraftwerksplanungen sollen nicht erschwert werden", sagt Jürgen Quentin von der DUH. In NRW sind derzeit acht Kohlekraftwerke in Bau oder in Planung - sie gelten als Klimakiller.
An drei weiteren Standorten wurde die Planung ausgesetzt, nachdem der BUND die Fertigstellung des Kohlekraftwerks Datteln gerichtlich stoppen lassen konnte.
Opposition sieht Industriestandort in Gefahr
Um das Klimaschutzgesetz beschließen zu können, ist Rot-Grün auf die Stimmen der Linken angewiesen. Zwar bemängelt auch deren umweltpolitische Sprecherin Hamide Akbayir den fehlenden Klimaschutzplan. Grundsätzlich aber signalisiert sie Zustimmung.
Die FDP kritisiert das Gesetz dagegen als "Bedrohung des Industriestandorts NRW". Und CDU-Fraktionschef Karl-Josef Laumann bezeichnet den grünen Umweltminister gar als "Klima-Taliban": Remmel wolle "NRW am liebsten in ein Biotop verwandeln".
20 Oct 2011
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Eigentlich lief es gut für die rot-grüne Koalition in Nordrhein-Westfalen. Doch wegen eines Versehens ist ihre Regierungszeit nun abrupt am Ende.
Selbst die pessimistischsten Prognosen wurden noch übertroffen. 2010 stiegen die weltweiten Emissionen von Treibhausgasen stärker als je zuvor.
Ratingagenturen sollen künftig auch "Ökoschulden" errechnen. Die UN warnt, eine schlechte Ökobilanz gefährde langfristig die Kreditwürdigkeit eines Landes.
Letztes Jahr prüfte Umweltminister Röttgen die Möglichkeiten für ein verbindliches Klimaschutzgesetz. Daraus wird nichts – Politiker aus der Koalition wollten nicht.
Die Senatsverwaltung glaubt fest an ein neues Klimaschutzgesetz - nach der Wahl. Nötig wäre es, denn das Land hat Nachholbedarf in Sachen CO2-Reduzierung. Zum Beispiel bei erneuerbaren Energien.