taz.de -- Massiver Temperaturanstieg prognostiziert: Rekordsteigerung bei Treibhausgasen
Selbst die pessimistischsten Prognosen wurden noch übertroffen. 2010 stiegen die weltweiten Emissionen von Treibhausgasen stärker als je zuvor.
BERLIN taz | Die weltweiten Treibhausgasemissionen sind im Jahr 2010 um sechs Prozent gestiegen – so stark wie nie zuvor. 2009 waren die Emissionen im Zuge der Wirtschaftskrise noch deutlich gesunken. Nach den [1][heute veröffentlichten Zahlen] des US-Departments of Energy sind sie im vergangenen Jahr wieder an den Stand vor der Krise angenähert.
Die Emissionen im vergangenen Jahr übertreffen damit selbst die pessimistischsten Prognosen, die der Weltklimarat IPCC in seinem letzten Bericht im Jahr 2007 getroffen hat. In diesem Szenario prognostiziert der IPCC einen Anstieg der weltweiten Durchschnitstemperatur zwischen 2,4 und 6,4 Grad Celsius.
Nach jüngsten Studien des Postam-Instituts für Klimafolgenforschung müssen die weltweiten Emissionen spätestens ab 2020 sinken, wenn das Zwei-Grad-Ziel, auf das sich die internationale Politik mehrfach verständigt hat, erreicht werden soll.
Hauptverantwortlich für den Anstieg sind die USA und China – beide Länder zusammen sind für die Hälfte des Gesamtanstiegs verantwortlich. Den stärksten Anstieg nach Emissionsquellen gab es bei der Kohleverbrennung – hier stieg der Kohlendioxid-Ausstoß um acht Prozent.
"Obwohl Klimaskeptiker dem IPCC vorwerfen, zu alarmistisch zu sein, gehen Wissenschaftler inzwischen davon aus, dass die Prognosen viel zu konservativ waren." Das erklärte John Reilly vom Massachusetts Institute of Technology (MIT), der an den neuen Untersuchungen mitgearbeitet hat, gegenüber der Nachrichtenagentur ap. Die pessimistischsten IPCC-Szenarien von 2007 seien etwa im Mittelfeld von dem, was die Wissenschaftler am MIT heute für warscheinlich halten.
Exportierte Emissionen nicht berücksichtigt
Die Industriestaaten, die das Kyoto-Protokoll ratifiziert haben, haben nach den neuen Zahlen ihre Emissionen tatsächlich gesenkt. Allerdings ist hierbei nicht berücksichtigt, ob und wie exportierte Emissionen, also die Auslagerung von besonders emissionsintensiven Industrien in Schwellen- und Entwicklungsländer, eine Rolle spielen.
Die Reduktionsziele des Kyoto-Protokolls laufen im Jahr 2012 aus, bislang gibt es noch keine Nachfolgeregelung. Im Dezember findet der nächste Weltklimagipfel im südafrikanischen Durban statt, allerdings gehen Beobachter schon jetzt davon aus, dass es auch hier nicht zu einem verbindlichen Abkommen über die Reduktion der Treibhausgasemissionen kommen wird.
4 Nov 2011
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Kurz vor Beginn der Klimakonferenz in Durban hofft die Europäische Union auf ein verbindliches Klimaschutzabkommen. Die Verhandlungen dürften hart werden.
Erstmals wurde ein Unwettertief über dem Mittelmeer als tropischer Sturm klassifiziert. Bis zu sechs Meter hohe Wellen brandeten auf die Strandpromenade von Lavagna.
Der UN-Klimarat legt einen Bericht über Extremwetter vor: Der Klimawandel bringt heftigere Stürme, mehr Sturzregen und Hitzewellen. Die Armen trifft es besonders.
Speicherkraftwerke in alten Kohleschächten und Windräder auf Abraumhalden: Die Energiewende scheint die letzte Chance zur Rettung des Steinkohlekonzerns RAG.
Nach der Krise wurde zwar über eine andere Wirtschaftspolitik diskutiert. Verabschiedet aber wurden Maßnahmen ohne klimapolitischen Sinn und Verstand.
Der Protest gegen das klimaschädliche Öl aus Teersand wächst. Die EU-Kommission schlägt ein Importverbot vor, in den USA mobilisieren Aktivisten.
Rot-Grün will im Industrieland Nordrhein-Westfalen ein Klimaschutzgesetz durchdrücken. Bis 2050 soll 80 Prozent weniger Kohlendioxid freigesetzt werden.
Bundesumweltminister Röttgen will unbedingt das Gesetz zur CO2-Speicherung durchsetzen. Nach dem Nein der Länder ruft er jetzt den Vermittlungsausschuss an.
Um seinen Fleischkonsum zu decken, braucht Deutschland eine Fläche so groß wie Österreich. Ein großer Teil des Futters wird im Ausland angebaut, dafür werden Wälder gerodet.
Ein Gutachten befeuert nun Diskussionen über den tatsächlichen Nutzen von verschiedenen Technologien gegen den Klimawandel. Meinungen gibt es viele, Belege kaum.
Regierungen haben 2010 fossile Brennstoffe mit hunderten Milliarden Dollar subventioniert. Die Internationale Energieagentur fordert, das Geld armen Familien zu geben.