taz.de -- Türkischer Verleger Ragip Zarakoglu: Kämpfer für das freie Wort

Ragip Zarakoglu ist in der Türkei eine linke Einmanninstitution und seit 40 Jahren ein mutiger Verfechter der Meinungsfreiheit. Nun wurde er verhaftet.
Bild: Verleger, Journalist und Menschenrechtler : Ragip Zarakoglu, hier auf einem Foto von 1998.

Am Wochenende wurde in Istanbul der Verleger, Journalist und Menschenrechtler Ragip Zarakoglu verhaftet. Zarakoglu ist in der Türkei eine linke Einmanninstitution. Er ist Vorsitzender des Komitees für Meinungsfreiheit im türkischen Schriftstellerverband und hat in den letzten Jahren an führender Stelle die Solidarität mit angeklagten Journalisten organisiert.

Ragip Zarakoglu gehört in der Türkei seit 40 Jahren zu den mutigsten Verfechtern der Meinungsfreiheit überhaupt. Neben einer engagierten journalistischen Arbeit, die ihm zahlreiche Verfahren und auch drei Jahre im Gefängnis eingebracht hat, ist er vor allem als Verleger bekannt.

Mit seiner Frau Ayse gründete er in den 80er Jahre den Belge-Verlag. Dort erschien alles, was wichtig ist und verboten war: Bücher über die Kurdenfrage, Texte zum Völkermord an den Armeniern, Debatten über eine neue Minderheitenpolitik.

Bevor Ragip Zarakoglu den Verlag gründete, war er Redakteur bei der linken Tageszeitung Demokrat und unterstützte später die kurdische Zeitung Özgür Gündem. Neben etlichen anderen Auszeichnungen erhielt er 2008 den internationalen Preis für Publikationsfreiheit. Wegen seiner Bücher und Artikel wurde er jahrzehntelang mit Verfahren konfrontiert, zuletzt nach dem berüchtigten Paragrafen 301 wegen Beleidigung des Türkentums.

Mitte der 90er wurde der Belge-Verlag von Rechtsradikalen angegriffen, die Brandbomben warfen und den Verlag zerstörten. Ragip und Ayse machten unbeirrt weiter und verlegten ihre Bücher in ein Kellergeschoss. Ayse starb 2002 nach einer längeren Haftstrafe an Krebs.

Bis zu Zarakoglus Verhaftung am letzten Samstag war ihm in den letzten 30 Jahren ein Gefängnisaufenthalt erspart geblieben. Jetzt wurde er im Rahmen einer ganzen Verhaftungswelle festgenommen, die sich gegen vermeintliche Sympathisanten der kurdischen PKK richtet. Ragip Zarakoglu soll laut Meldungen der regierungsnahen Zaman mit Anderen eine politische Akademie im Umkreis der PKK betrieben haben, wo unter anderem über die Ermordung von Premier Tayyip Erdogan gesprochen worden sein soll.

31 Oct 2011

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Jürgen Gottschlich

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taz.lab 2011 „Die Revolution haben wir uns anders vorgestellt“

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