taz.de -- Proteste in Ägypten dauern an: Tränengas und Gummigeschosse
Bei dem gewaltsamen Vorgehen der ägyptischen Polizei gegen Demonstranten gab es am Wochenende zahlreiche Tote. Die Proteste auf dem Tahrir-Platz gehen weiter.
KAIRO dpa/rtr/dapd | Nur für kurze Zeit war Montagmorgen auf dem Tahrir-Platz in Kairo Ruhe eingekehrt. Schon kurz nach Tagesanbruch versammelten sich etwa 3.000 Demonstranten auf dem Tahrir-Platz. Ihnen gegenüber stehen hunderte Polizisten, die Tränengas und Gummigeschosse abfeuerten. Zuvor waren bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei am Wochenende mindestens elf Menschen ums Leben gekommen. Das Staatsfernsehen berichtete zudem von 214 Verletzten.
Auf dem zentralen Tahrir-Platz in Kairo ging die Polizei unter Rückendeckung der Armee erneut mit Gummiknüppeln und Tränengas gegen Demonstranten vor, die einen Rücktritt der Militärregierung forderten. Dutzende wurden Augenzeugen zufolge festgenommen.
Auch in Alexandria, Suez, Ismailia und dem Nord-Sinai kam es zu Protesten. Es sind die schwersten Zusammenstöße seit dem Aufstand gegen den früheren Staatschef Husni Mubarak.
Die ersten Wahlen nach dem Sturz Mubaraks sollen ab dem 28. November abgehalten werden. Viele Ägypter sind besorgt, dass es der Polizei nicht gelingen könnte, dabei für Sicherheit und Ordnung zu sorgen.
Zudem gibt es Streit zwischen politischen Gruppierungen und den Militärmachthabern über die künftige Rolle der Streitkräfte. Dabei geht es um grundsätzliche Regeln für eine Verfassung, nach denen die Armee auch künftig nicht einer parlamentarischen Kontrolle unterstehen könnte. Das Parlament soll ein Gremium bestimmen, welches die Verfassung erarbeitet.
General Mohsen Fangari erklärte im Fernsehen, diejenigen, die einen Sturz der Regierung forderten, wollten auch den Zusammenbruch des Landes. Zugleich betonte er, die Wahlen fänden wie geplant statt und würden nicht verschoben. Die Armee und das Innenministerium würden für die Sicherheit sorgen.
Ein Rückzug der Armee sei wie bereits angekündigt für Ende 2012 vorgesehen. Dann könnten auch die Präsidentschaftswahlen stattfinden.
Der Friedensnobelpreisträger und aussichtsreiche Präsidentschaftskandidat Mohamed ElBaradei verurteilte jegliche Gewalt gegen Demonstranten. Er habe eine "Regierung der nationalen Rettung" gefordert, berichtete die Nachrichtenagentur Mena. Die Proteste hatten am Freitag begonnen und waren vornehmlich von Islamisten initiiert. Seither hat die Bewegung vor allem von jungen Ägypten zahlreichen Zulauf erhalten.
21 Nov 2011
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