taz.de -- Wahlen in Ägypten: Berichte über Stimmenkauf

Die ägyptische Organisation für Menschenrechte berichtet von gekauften Wählerstimmen. Bei der Auszählung liegen bislang die Muslimbrüder vorn, gefolgt von der radikal-islamischen Partei.
Bild: Hoffentlich hat diese engagierte Dame ihre Stimme nicht verkauft.

KAIRO dpa | Bei der Parlamentswahl in Ägypten sollen etliche Kandidaten für Wählerstimmen bezahlt haben. Am ersten Tag der letzten Etappe der Wahl sei der "Preis" für eine Stimme in einem Wahlbezirk im Norden der Sinai-Halbinsel von 50 auf 200 Pfund (rund 25 Euro) gestiegen, meldete die Ägyptische Organisation für Menschenrechte am Dienstagabend. Die staatliche Nachrichtenwebsite Egynews berichtete, die liberale Traditionspartei Al-Wafd habe sich beschwert, weil Anhänger der neuen liberalen Ägyptischen Allianz in dem Sinai-Badeort Dahab angeblich 200 Pfund pro Wählerstimme bezahlt haben sollen. Auch während der ersten zwei Wahlgänge hatte es vereinzelt Berichte über Bestechung an der Urne gegeben.

Am Mittwoch begann in neun Provinzen der zweite und letzte Wahltag ohne größere Zwischenfälle. In der kommenden Woche steht dann noch eine ebenfalls zweitägige Stichwahl an, bei der die Sitze der Direktkandidaten in den Bezirken vergeben werden, in denen im ersten Wahlgang niemand die absolute Mehrheit erzielt.

Nach den beiden Wahlgängen in den ersten 18 Provinzen sieht es so aus, als würden die Muslimbrüder im ersten Parlament nach der Entmachtung von Präsident Husni Mubarak mit 30 bis 40 Prozent der Sitze die größte Fraktion stellen, gefolgt von der radikal-islamischen Partei des Lichts mit etwa 20 Prozent.

Jassir Burhami, einer der geistlichen Führer der Partei des Lichts, kritisierte nach Angaben der Kairoer Tageszeitung Al-Masry Al-Youm den Vorsitzenden der Partei, Emad Abdul Ghaffur, weil dieser eine Koalition mit liberalen Parteien nicht ausgeschlossen hatte. Der einflussreiche Kleriker sagte: "Die Partei des Lichts darf nur eine Koalition mit Parteien eingehen, die auf dem Weg des Rechts sind und das Gesetz Gottes anwenden."

4 Jan 2012

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