taz.de -- Kommentar Prozess gegen Mubarak: Es wird eng für den Ex-Diktator

Die Militärs haben sich als neue Herrscher in Ägypten etabliert. Der Schwenk zur Härte gegen Mubarak sagt vor allem etwas über deren Ängste aus.
Bild: Ob der Angeklagte sich freut einen Präzedenzfall für den Umgang mit Meinungsäußerung zu statuieren?

Wird Mubarak doch noch bestraft? Am Dienstag sollte zum wiederholten Male ein Urteil gefällt werden - und wieder mal wurde der Prozess vertagt. Neu ist aber: Die Staatsanwaltschaft fordert jetzt die Todesstrafe. So sei Mubarak für den Tod von über 800 Demonstranten während der Revolution verantwortlich - genau dies war noch vor wenigen Tagen bezweifelt worden.

Dass die Richter den Expräsidenten und seine Helfer tatsächlich zum Tod verurteilen werden, ist unwahrscheinlich. Trotzdem ist der Schwenk hin zur Härte gegen den ehemaligen Staatschef bedeutsam: Er sagt vor allem etwas über die Ängste der Militärs aus.

Diese haben sich seit Mubaraks Rücktritt im Februar als neue offizielle Herrscher im Land etabliert und verteidigen ihre Macht seit Monaten erfolgreich mit Gewalt und Propaganda. Die Revolutionsbewegung ist isoliert, und dem Militär ist gelungen, die islamistischen Bewegungen, allen voran die Muslimbrüder, auf ihre Seite zu ziehen.

Mehrheit im Parlament gegen bedingungslose Unterstützung für eine fortgesetzte Herrschaft des Militärs auch nach den Wahlen, das ist der Deal. Die islamistischen Parteien haben sich darauf ohne jede Skrupel eingelassen. Bereits vor zwei Tagen kündigten sie an, sich für eine Amnestie für die Militärs einzusetzen, wegen deren "Verdienste für die Revolution".

Entscheidend aber für den Machterhalt des Militärs ist, ob sie die "Couch-Partei" an ihrer Seite halten können. So heißt in Ägypten die breite, politisch eher wenig informierte Masse der Bevölkerung. Dazu muss sie um jeden Preis vermeiden, mit dem Mubarak-Regime, zu dem sie immer gehörte, in Verbindung gebracht zu werden. Dafür scheint sie bereit, notfalls Mubarak, der auch immer einer "von ihnen" war, zu opfern.

Oder zumindest seine Verurteilung so lange hinauszuzögern, bis ihre Herrschaft so weit gesichert ist, dass sie eine neue Revolution nicht mehr fürchten muss.

5 Jan 2012

AUTOREN

Juliane Schumacher

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