taz.de -- Alles Fremde in Weißrussland zensiert: Lukaschenko kappt das Internet

Schlechter Einfluß, zu viele Proteste, zu viel Gefahr für die Regierung: die weißrussische Führung verbietet das Surfen auf ausländischen Websites und droht hohe Strafen an.
Bild: Will sich vor Facebook, Twitter und Co. schützen: Weißrusslands Diktator Alexander Lukaschenko.

MINSK/MOSKAU dpa | Als Reaktion auf online organisierte Proteste hat die autoritäre Führung Weißrusslands neue Einschränkungen für Internetnutzer erlassen, die nach Einschätzung internationaler Experten den Besuch ausländischer Websites verbieten. Das Gesetz sieht eine Strafe von umgerechnet 100 Euro vor, wenn Bürger für Emails und Finanzaktionen Seiten verwenden, die nicht in Weißrussland registriert sind.

Experten etwa der Bibliothek des US-Kongresses befürchten, dass Weißrussland schließlich ausländische Seiten ganz blockieren und internationale Konzerne dazu bringen könnte, ihre Websites für Besucher aus der Ex-Sowjetrepublik zu sperren.

In Weißrussland hatten sich im Sommer zahlreiche Regierungsgegner über soziale Online-Netzwerke zu Protesten verabredet. Es gab Hunderte Festnahmen. Das neue Gesetz soll an diesem Freitag in Kraft treten.

Dem inhaftierten oppositionellen Präsidentschaftskandidaten Nikolai Statkewitsch droht unterdessen eine noch längere Strafe, weil er laut Anklage gegen die "Gefängnis-Disziplin" verstoßen hat.

Das sagte seine Ehefrau nach Angaben unabhängiger Medien vom Dienstag. Statkewitsch war nach den Massenprotesten gegen Wahlfälschungen bei der Präsidentenwahl im Dezember 2010 zu sechs Jahren Haft verurteilt worden.

6 Jan 2012

ARTIKEL ZUM THEMA

Todesstrafe für Attentäter in Weißrussland: Begnadigung abgelehnt

Lukaschenko hat die Begadigung zweier Todeskandidaten abgelehnt. Die beiden wurden dafür verurteilt, im Jahr 2011 in der Minsker Metro ein Attentat mit 15 Toten verübt zu haben.

Lukaschenko greift Westerwelle an: „Besser Diktator als schwul“

Der weißrussische Staatschef findet Homosexualität „abartig“ und giftet in Richtung Westerwelle. Der deutsche Außenminister ist nicht der einzige Politiker, den Lukaschenko beleidigt hat.

Weißrussischer Oppositioneller: "Sie können mich jederzeit festnehmen"

Der Westen muss endlich Wirtschaftssanktionen gegen Weißrussland verhängen, sagt Mikita Lichawid. Ein Gespräch über seine Haftstrafe, Repressionen und Angst.

Justiz in Weißrussland: Todesstrafe mitten in Europa

Wegen eines Anschlags mit 15 Toten werden zwei Männer in Minsk zum Tode verurteilt. Das Urteil könnte innerhalb von 24 Stunden vollstreckt werden.

Kommentar Todesurteile in Weißrussland: Gefährlicher Schauprozess

Noch kann Präsident Lukaschenko von seinem Begnadigungsrecht Gebrauch machen. Tut er das nicht, dürfte auch sein Schicksal und das des Regimes demnächst besiegelt sein.

Protestbewegung in Weißrussland: "In hohem Maße nervös"

Lukaschenko wird von seinem repressiven Kurs nicht abweichen, sagt Belarus-Experte Peter Liesegang. Aber die Protestbewegung wächst.