taz.de -- Hilfe der Europäischen Zentralbank: Banken erhalten halbe Billion Euro
Die Europäische Zentralbank verpasst den kränkelnden Banken erneut eine Geldspritze. Damit soll eine Kreditklemme verhindert werden. Auflagen gibt es keine.
BRÜSSEL taz | Griechenland erhält 130 Milliarden Euro, die Banken bekommen 530 Milliarden. Kurz vor dem EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel haben die Euro-Retter klargemacht, wo ihre Prioritäten liegen. Zwei Tage lang wollen die 27 Staats- und Regierungschefs über die Hilfe für Athen sprechen und neue Sparvorgaben beschließen. Die neueste Stützungsaktion der Europäischen Zentralbank für die Banken hingegen steht überhaupt nicht zur Debatte.
Die EZB hatte die Banken gestern erneut günstig mit frischem Geld versorgt. Fast 300 Institute griffen bei dem sogenannten Dreijahres-Tender zu und liehen sich zusammen 529,5 Milliarden Euro zu einem unschlagbaren Zinssatz von rund einem Prozent. Die Zentralbank will damit die Geldversorgung in der Eurozone sichern und eine drohende Kreditklemme verhindern. Im Dezember hatte sie bereits 489 Milliarden Euro vergeben.
Mit Auflagen ist diese Stützung nicht verbunden – im Gegensatz zur Hilfe für Griechenland. Für das zweite Hilfspaket musste Athen nicht nur ein neues Spardiktat aus Brüssel schlucken. Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker brachte gestern einen eigenen EU-Kommissar ins Gespräch, der den „Aufbau der griechischen Wirtschaftsstruktur“ überwachen soll.
Juncker forderte zudem, den neuen ständigen Euro-Rettungsschirm ESM von bisher 500 Milliarden Euro auf 750 Milliarden aufzustocken. Ursprünglich sollte eine Entscheidung bereits am Freitag fallen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sträubte sich jedoch und EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy sagte den Sondergipfel kurzerhand ab. Der Streit soll bis Ende dieses Monats ausgeräumt werden.
Streit gibt es auch über die Sparpolitik, die Merkel ganz Europa verordnet hat. Zwar wollen 25 von 27 EU-Staaten Merkels neuen Fiskalpakt unterzeichnen, der Schuldenbremsen nach deutschem Vorbild vorsieht. Großbritanniens Premier David Cameron, der den Fiskalpakt ablehnt, fordert nun aber eine Abkehr vom Sparkurs und neue Initiativen zur Ankurbelung des Wachstums. So soll der Binnenmarkt weiter ausgebaut werden, auch Energie und Internet müssten liberalisiert werden.
Camerons Initiative haben sich elf EU-Staaten angeschlossen, darunter auch Italien und die Niederlande. Deutschland und Frankreich sind nicht dabei. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso versuchte schon gestern, den Streit zu entschärfen: Fast alles, was Cameron fordert, sei schon auf dem Weg, sagte er. Doch Cameron fordert neue Beschlüsse. Diesmal dürfte sich Merkel ihm noch in den Weg stellen, doch spätestens im Juni, beim nächsten regulären EU-Gipfel im Juni, kommt es dann zum Schwur. Die einseitig aufs Sparen orientierte Wirtschafts- und Finanzpolitik hat offenbar keine Zukunft.
29 Feb 2012
AUTOREN
ARTIKEL ZUM THEMA
Merkel gibt ihren Widerstand auf und will doch mehr Geld für die Eurorettung lockermachen. Die Idee: Der vorläufige und der permanante Rettungsschirm sollen parallel laufen.
Im Tausch für ihre Zustimmung zum Fiskalpakt wollen SPD und Grüne die Finanztransaktionssteuer bekommen. Ihre Chancen stehen schlecht.
Neonazis auf Patrouille, Habenichtse mit Laptops, die Einsamkeit der Arbeitenden: Drei GriechInnen erzählen, wie die Schuldenkrise das Land im Griff hält.
Beim Schuldenschnitt für Griechenland müssen Kreditausfallversicherungen nicht zahlen. Investoren dürften sich nicht über diese Nachricht freuen.
25 EU-Regierungschefs wollen mehr Haushaltsdisziplin. Großbritannien und Tschechien machen nicht mit. Außerdem geht es um den Krisenfonds ESM, Syrien und Weißrussland.
Merkel und Schäuble stellen sich auf eine Ausweitung des Rettungsfonds für die kriselnden Euro-Staaten ein. Die FDP will, dass das Thema beim EU-Gipfel keine Rolle spielt.
EU-Ratspräsident Van Rompuy soll künftig auch die Euro-Gipfel leiten und so die Euro-Wirtschaftsregierung voranbringen. Gegen Deutschland geht für ihn nichts.
Nach den Kürzungen von Mindestlohn und Rente durch das Parlament legen die Gewerkschaften in Athen den Verkehr lahm. Die Sparmaßnahmen treffen auch den Gesundheitsbereich.
Kommissionspräsident Barroso will sich auf dem kommenden EU-Gipfel für große Infrastrukturprojekte einsetzen. Über den Rettungsschirm ESM wird in Brüssel vorerst nicht entschieden.
Neuwahlen helfen Griechenland nicht aus der Krise. Die einzige Lösung ist, bürgernahe und offene Entscheidungen zu treffen. Das kann nur das Europäische Parlament.
Das Verfassungsgericht hat entschieden, dass Beschlüsse über Euro-Hilfen nicht von einem Sondergremium gefällt werden dürfen. Der Bundestag müsse weiterhin beteiligt werden.
Das wichtigste Recht der Parlamente wird geopfert: Haushalte zu verabschieden. Das Europa, das Merkel vorschwebt, wird ungleicher sein, nicht etwa gleicher.
Das Parlament beschließt ein neues Hilfspaket. Kanzlerin Angela Merkel erklärt viel und schafft es doch nicht, die tiefen Risse in ihrer eigenen Koalition zu überdecken.
Die Commerzbank macht Gewinn, boomt an der Börse und bleibt trotzdem Zahlungen an die Staatskasse schuldig. Attac spricht von einem "Hochrisikoinstitut".