taz.de -- Kommentar Fiskalpakt: Das Diktat der Angela Merkel

Für den Normalbürger bedeutet der Fiskalpakt, den Gürtel noch enger zu schnallen. Die Banken hingegen dürfen kostenlos prassen. Und dennoch jubelt die Kanzlerin.
Bild: Wenn man einmal anfängt, an etwas herumzubauen, kann man doch gleich noch ein bisschen mehr erneuern, denken sich wohl Grüne und SPD.

Zwei Jahre nach Beginn der Schuldenkrise in Griechenland zeichnet sich die europäische Antwort ab: Billionen billiges Geld für die Banken und eine schmerzhafte Diät für die Staaten. Nichts anderes bedeuten die Entscheidungen der letzten Tage.

Erst flutete die Europäische Zentralbank (EZB) den Finanzsektor mit mehr als 500 Milliarden Euro – übrigens zum zweiten Mal in nur zwei Monaten. Dann verabschiedete der EU-Gipfel in Brüssel den neuen, von Kanzlerin Merkel diktierten Fiskalpakt, der die 25 Unterzeichnerstaaten zu eiserner Budgetdisziplin zwingt.

Für den Normalbürger bedeutet das, den Gürtel noch enger zu schnallen – denn der Sparkurs dürfte erst einmal die Rezession verschärfen. Für die Banken hingegen bedeutet es, was Finanzexperten einen free lunch nennen: kostenlos prassen – in der Hoffnung, dass ein Teil der Geldschwemme den klammen Eurostaaten zugute kommt.

Doch die Kanzlerin jubelt: Nun komme endlich die „Stabilitätsunion“, die ihre schwarz-gelbe Koalition seit Jahren fordere. Durch die massiven Geldspritzen der EZB hätten die anderen Eurostaaten zudem Zeit gewonnen, ihre Hausaufgaben zu machen und die Krise zu überwinden. In Wahrheit hat Europa viel kostbare Zeit verloren. Weil Merkel bei der Krisenlösung zwei Jahre auf der Bremse stand, musste die EZB Feuerwehr spielen. Und weil sie bei diesem EU-Gipfel erneut überfällige Entscheidungen vertagte – etwa zur endgültigen Größe des Euro-Rettungsschirms –, geht das Zittern weiter.

Griechenland ist übrigens auch noch nicht gerettet. Erst wenn die Banken bei der geplanten Umschuldung mitmachen, soll das Geld aus dem neuen Hilfspaket fließen. Banken vor Staaten – so sieht Merkels neues Europa aus. Vertrauen weckt das nicht, ganz im Gegenteil.

2 Mar 2012

AUTOREN

Eric Bonse

ARTIKEL ZUM THEMA

Verhandlungen zum Fiskalpakt: SPD und Grüne protzen ein bisschen

Im Tausch für ihre Zustimmung zum Fiskalpakt wollen SPD und Grüne die Finanztransaktionssteuer bekommen. Ihre Chancen stehen schlecht.

Schwarz-Gelb im Kanzleramt: Koalition beschließt Warnschussarrest

Mehr Geld für die Stiftung Warentest, härtere Maßnahmen gegen kriminelle Jugendliche, Änderungen bei der Förderung der Wissenschaft: Am Sonntagabend tagte der Koalitionssausschuss.

Gipfel-Beschluss für neuen Fiskalpakt: Merkels „Meilenstein“

Der EU-Gipfel beschließt den neuen Fiskalpakt, obwohl viele Länder die strikten Sparziele nicht einhalten können. Doch Ausnahmeregelungen soll es nicht geben.