taz.de -- Hollande als Präsident: Bescheidenheit ist angesagt

Der neue französische Präsident will vieles anders machen will: Sein Gehalt senken, Jobs schaffen, die Mehrwertsteuer verringern. Fünf Projekte von François Hollande.
Bild: Lachender Gewinner: François Hollande mit seiner Partnerin.

Stil: Bescheidenheit ist angesagt. Nach den „Blingbling“-Jahren will Hollande ein „normaler“ Präsident sein: Als Erstes senkt er sein Gehalt und das seiner Minister um 30 Prozent. Der Staatschef soll sich nicht mehr in alles einmischen. Er soll die Nominierung von Spitzenbeamten und Magistraten der Justiz unabhängigen Gremien überlassen. Der Präsident soll nicht durch eine Immunität vor Strafverfolgung für Delikte aus der Zeit vor seiner Wahl geschützt sein.

Priorität: Hollande setzt auf die Jugend mit 150.000 subventionierten Einstiegsjobs. Ein „Vertrag der Solidarität der Generationen“ verspricht Firmen Abgabeerleichterungen, die eine junge Arbeitskraft einstellen und zugleich einen Senior weiterbeschäftigen. Im Bildungsbereich sollen in fünf Jahren 60.000 neue Stellen geschaffen.

Steuern: Die Erhöhung der Mehrwertsteuer wird rückgängig gemacht, dafür sollen die bisher am meisten privilegierten Steuerzahler und Unternehmen mehr Steuern zahlen. Für die Reichsten wird ab Einkommen von über einer Million Euro ein Steuersatz von 75 Prozent eingeführt. Steuerflüchtlinge sollen die Differenz zwischen der Besteuerung in ihrem ausländischen Domizil und der Veranlagung in der Heimat dem französischen Fiskus abliefern.

Budget: Die öffentlichen Finanzen sollen bis 2017 ins Lot gebracht werden, der Anteil der Staatsausgaben am Bruttoinlandsprodukt soll von 56,5 auf 53,9 Prozent sinken. Hollande hat versprochen, dass Arbeitnehmer, die vor 18 Jahren erwerbstätig wurden, mit 60 und nicht mit dem auf 62 Jahre angehobenen Pensionierungsalter in den Ruhestand treten können.

Europa: Der Fiskalpakt wird nicht ratifiziert, solange er nicht durch einen europäischen Wachstumspakt ergänzt ist. Das teilt François Hollande den Partnern in einem Memorandum mit. Beim EU-Gipfel im Juni will er über eine aktivere Rolle der EZB reden – namentlich durch Anleihen im Stil von projektbezogenen Eurobonds und durch Kredite für die Europäische Investitionsbank.

6 May 2012

AUTOREN

Rudolf Balmer

ARTIKEL ZUM THEMA

Cohn-Bendit über Europa: „Das ist das Ende der Einäugigkeit“

Franzosen und Griechen wollen Investitionen und nicht mehr bloßes Sparen, sagt Daniel Cohn-Bendit. Angela Merkel wird ihren Kurs sozialdemokratisieren müssen, meint er.

Europa nach der Wahl in Frankreich: Brüssel legt frisches Rouge auf

In Brüssel reden viele dem französischen Wahlsieger Hollande nach dem Mund. Doch die Krise in Griechenland könnte seine Agenda torpedieren.

Kommentar Wahl in Frankreich: Merkel ist kein Naturgesetz

Die deutsche Alleinherrschaft in Europa ist vorbei: Die französischen WählerInnen haben dafür gesorgt, dass wieder verhandelt werden muss.

Reaktionen auf Frankreichwahl: Politiker zufrieden, Börsen verunsichert

Nach dem Hollande-Sieg zeigen sich Sigmar Gabriel und Rainer Brüderle optimistisch. Asiens Börsen wurden durch die Wahlergebnisse in Frankreich und Griechenland jedoch beunruhigt.

Frankreichs neuer Präsident: Adieu Sarkozy, bonjour Hollande!

Nicolas Sarkozy hat seine Niederlage eingestanden – die Sozialisten feiern einen historischen Sieg. Erstmals seit 17 Jahren stellen sie den Präsidenten.

Francois Hollande erobert die Bastille: Historischer Sieg eines Unterschätzten

Sturm auf die Bastille: François Hollande wird Präsident. Zäh und beharrlich kletterte der sozialistische Karrierepolitiker nach oben. Dafür hat er wie ein Sportler trainiert.

Kommentar Wahl Frankfreich: Der „Sozialist“ ist da

Hinter Francois Hollandes jovialen und geselligen Art verbirgt sich ein Mann, der genau weiß, was er will. Sonst wäre er nicht Präsident geworden.