taz.de -- Kommentar US-Justizminister: So dumm und korrupt kann Politik sein

Waffen aus den USA finden ihren Weg zu Käufern in Mexiko. Doch statt den Waffenhandel zu kontrollieren, spricht der Kongress lieber dem Justizminister das Misstrauen aus.

Verantwortungslos, ideologisch und lobbygetrieben, das ist das Bild, das der republikanisch dominierte US-Kongress dieser Tage erneut von sich selbst zeichnet.

Da versuchte die Bundesbehörde ATF vor zwei Jahren, die Käufer von Waffen unbehelligt zu lassen, um den Weg der Waffen zu den mexikanischen Kartellen zu erkunden, scheiterte aber – und die Waffen tauchen an Tatorten beiderseits der Grenze wieder auf. Die politischen Folgerungen müssten auf der Hand liegen: eine stärkere Kontrolle des Waffenhandels, eine Absicherung der Grenze nicht nur gegen „illegale“ Migranten aus dem Süden, sondern gegen Waffengeschäfte aus dem Norden. Nichts dergleichen geschieht.

Stattdessen behauptet die Waffenlobby NRA, dass die Regierung genau dies vorgehabt und deshalb die dann gescheiterte Operation angeordnet habe. Auf dieser Verschwörungstheorie gründet auch ein Missbilligungsverfahren der Republikaner im Kongress gegen den amtierenden Justizminister Eric Holder, unterstützt von ein paar NRA-gesponserten Demokraten. So dumm und korrupt kann Politik sein.

Die meisten der knapp 50.000 Todesopfer in den letzten Jahren des sogenannten Drogenkriegs wurden mit Waffen umgebracht, die ebendiesen Weg hinter sich hatten. Die USA müssen endlich ihrer Verantwortung gerecht werden, diesem Handel Einhalt zu gebieten. Aber in einem politischen System, das Wirtschafts- und Lobbyinteressen derartigen Zugriff auf die Politik erlaubt, scheint das fast ausgeschlossen.

So ist das Votum gegen den US-Justizminister ein neues Beispiel für die Reformbedürftigkeit des Kongresses. Aber auch diese Reform wird es nicht geben – aus denselben Gründen, aus denen sie notwendig wäre. Politische Beobachter kostet diese Debatte ein müdes Lächeln. Andere das Leben.

29 Jun 2012

AUTOREN

Bernd Pickert

TAGS

Schwerpunkt Syrien
Schwerpunkt USA unter Donald Trump

ARTIKEL ZUM THEMA

Waffenschmuggel nach Mexiko: Argloser US-Justizminister

Operation „Fast & Furious“ ging nach hinten los. Waffen wurden an Drogenbosse verkauft, die Spur verlor sich. Der zuständige Minister wusste von nichts.

US-Republikaner in Israel: Nackt baden im See Genezareth

Ein US-Politiker ist nicht ganz nüchtern in den See Genezareth gestiegen – nackt. Sein republikanischer Fraktionschef hat ihn dafür „zusammengefaltet.“ Das FBI ermittelt.

UN-Waffenhandelsvertrag: Unsichere Chancen

In New York beginnen die 193 UN-Mitgliedstaaten die Verhandlungen über den internationalen „Arms Trade Treaty“. Er kann an vielen offenen Streitfragen scheitern.

Kommentar Waffenhandel: Es riecht nach doppelter Moral

Seit gut zwanzig Jahren dauert nun schon der Kampf, die Kontrolle des Waffenhandels auf die Tagesordnung der EU zu setzen. Jetzt ist es endlich soweit.

US-Justizministerium: Aktion Fast and Furious

Das Repräsentantenhaus spricht US-Justizminister Eric Holder das Misstrauen aus – ein bisher einmaliger Vorgang, den die Demokraten für einen „politischen Trick“ halten.

US-Justizminister unter Druck: Republikaner wollen Holder abstrafen

Es geht um Waffenschmuggel an der Grenze zu Mexiko und Machtspielchen im Wahlkampf: Die Republikaner wollen Eric Holder im Kongress mit einer „Missbilligung“ bestrafen.