taz.de -- Ex-Manager gibt Fäschungen zu: Barclays Befehlsempfänger

Im Skandal um die Manipulation des Leitzinses Libor hat ein Ex-Manager der britischen Bank Barclays Fälschungen zugegeben. Die Weisung dazu kam scheinbar vom damaligen Chef.
Bild: Räumte ein, Mitarbeiter zur Nennung von unter dem tatsächlichen Wert liegenden Zinssätzen angewiesen zu haben: der ehemalige Barclays-Manager Jerry del Missier.

LONDON rtr | In der Affäre um Zinsmanipulationen durch Großbanken hat ein Ex-Manager des britischen Geldhauses Barclays Fälschungen zugegeben. Er habe Mitarbeiter zur Nennung von unter dem tatsächlichen Wert liegenden Zinssätzen angewiesen, sagte der zuletzt für das operative Barclays-Geschäft zuständige Jerry del Missier am Montag vor einem Ausschuss des britischen Parlaments.

Dabei habe er auf Anweisung des damaligen Barclays-Chefs Bob Diamond gehandelt. Diamond war Anfang Juli ebenso wie Missier wegen des Skandals zurückgetreten. Diamond hat aber erklärt, er habe keine Anweisungen zur Übermittlung falscher Zinssätze gegeben.

Der Verdacht, die britische Notenbank könnte Barclays zu falschen Angaben ermutigt haben, erhielt am Montag Auftrieb. Missier erklärte, sein Ex-Chef Diamond habe ihn gesagt, die Notenbank und die britische Regierung seien besorgt über die relativ hohen Zinskosten, die Barclays übermittele und sie wollten, dass die Bank reduzierte Zinssätze übermittle.

Weltweit laufen in der Sache Ermittlungen gegen mehr als ein Dutzend Großbanken, darunter auch die Deutsche Bank, UBS, JPMorgan, Bank of America oder Citi. Ihnen wird vorgeworfen, von 2005 bis 2009 den Zinssatz Libor und andere Marktzinsen mit falschen Angaben manipuliert zu haben, um ihre wahren Refinanzierungskosten zu verschleiern und Handelsgewinne einzustreichen.

Als erstes Haus hat Barclays ein Fehlverhalten eingeräumt und sich mit Behörden in den USA und Großbritannien auf eine Geldbuße von einer halben Milliarde Dollar geeinigt. Der Libor wird einmal täglich in London ermittelt und zeigt an, zu welchen Konditionen sich Banken untereinander Geld leihen.

Er basiert auf individuellen Angaben der Großbanken und dient als Referenz für Kredite an Unternehmen, Privatpersonen und weitere Finanztransaktionen in einem Volumen von 360 Billionen Dollar.

17 Jul 2012

TAGS

JPMorgan

ARTIKEL ZUM THEMA

US-Geldinsitut JPMorgan: Frau ist spitze

Die angeschlagene US-Großbank JPMorgan arbeitet weiter an einem Neustart. Mit Marianne Lake geht der Posten des Finanzchefs erstmals an eine Frau.

Einigung mit US-Finanzaufsicht: „Schurken“-Bank kauft sich frei

Die Ermittlungen weden eingestellt. Die britische Bank StanChart zahlt den US-Behörden 340 Millionen Dollar wegen angeblicher Geldwäschegeschäfte mit dem Iran. Ein guter Deal.

EU-Kommission gegen Zinsmanipulation: Mindeststrafen für „Bankster“ gefordert

Brüssel zieht mit einer Richtlinie Konsequenzen aus dem Libor-Skandal. Es soll ein europaweites Mindeststrafmaß geben. In den USA rollt bereits eine Klagewelle.

Kommentar EU-Kommission: Abschaffen statt Haftstrafen

Euribor und Libor gibt es nur, weil die Zinsmärkte nicht wie Aktienmärkte funktionieren. Statt mit Haftstrafen für Zinssatzmanipulation zu drohen, sollten sie abgeschafft werden.

EU will gegen Zinsmanipulierer vorgehen: Auch Bankern soll Gefängnis drohen

Die EU-Kommission will Zinsmanipulierer künftig mit hohen Geld- und Haftstrafen abschrecken. Die unterschiedlichen Regelungen in den EU-Mitgliedsstaaten bieten vielfältige Schlupflöcher.

HSBC kennt weder Freund noch Feind: Hilfe für Drogendealer und Terroristen

Die britische Großbank HSBC soll über Jahre hinweg geholfen haben, das Geldsystem für kriminelle Geschäfte zu öffnen, klagt der US-Senat an. Reicht dafür eine Entschuldigung?

Leitzins-Skandal: Die Prozente der Kronzeugen

Großbanken versuchen, dem Skandal um den manipulierten Leitzins Libor zu entkommen. Das US-Justizministerium bereitet derweil ein Strafverfahren vor.

Ermittlungen gegen Investmentbanken: Zinsaffäre erreicht Deutsche Bank

Bei den Ermittlungen wegen mutmaßlicher Zinsmanipulation könnten auf Deutsche-Bank-Chef Jain heikle Fragen zukommen. Auch die deutsche Finanzaufsicht wird aktiv.

Negativ-Rating für Barclays nach Skandal: Bankchef will nichts gewusst haben

Bob Diamond, ehemaliger Chef der Großbank Barclays, sagt, er habe von manipulierten Zinssätzen nichts gewusst. Die Agenturen senken ihre Bewertungen der Bank weiter ab.

Manager reagiert auf Manipulationsskandal: Chef der Barclays-Bank tritt zurück

Es gehe um den Ruf der Bank. Nach dem Verwaltungsratschef ist auch Bob Diamond, der Vorstandsvorsitzende der britischen Großbank Barclays, zurückgetreten.