taz.de -- Nach Rauswurf der Bundespolizei-Führung: Entsetzen über Kahlschlag
Inakzeptabel, schäbig und menschlich unanständig sei die Personalentscheidung von Bundesinnenminister Friedrich, kritisieren die Polizeigewerkschaften. Auch die SPD ist entsetzt.
BERLIN dapd | SPD und Gewerkschaften haben den Rauswurf der kompletten Spitze der Bundespolizei scharf kritisiert. „Es rollen einfach Köpfe“, sagte der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Hartmann, am Sonntag zu den Personalentscheidungen von Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU). Für den Kahlschlag bei der Bundespolizei fehle es an jeglicher Begründung.
Friedrich habe seine Entscheidung „ohne wirklichen Grund und Anlass“ getroffen und auch nicht „die seit langem dringend erforderliche Aufgabenkritik der Bundespolizei vorgenommen“ oder sich um die personelle und technische Ausstattung der größten deutschen Polizeibehörde gekümmert. Während die für den „schlechten Zustand der Bundespolizei“ im Innenministerium Verantwortlichen verschont blieben, würden diejenigen, die auf Defizite hinwiesen, „einfach geschasst“, sagte der SPD-Politiker.
Auch die beiden Polizeigewerkschaften zeigten sich entsetzt über die Nachricht. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Josef Scheuring, beklagte, der Stil der Personalentscheidungen sei „vollkommen inakzeptabel“. Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, nannte den Vorgang „schäbig und menschlich unanständig“.
Terror-Experte als Nachfolger
Am Samstag war bekanntgeworden, dass der bisherige Präsident der Bundespolizei, Matthias Seeger, sowie seine beiden Stellvertreter, Wolfgang Lohmann und Michael Frehse, abgelöst werden. Neuer Behördenchef soll der Terrorismus-Experte im Innenministerium, Dieter Roman, werden.
Zu Vizepräsidenten steigen mit Jürgen Schubert und Franz Palm zwei Spitzenbeamte des Innenministeriums auf. Das Ministerium wollte sich auf Anfrage nicht zu den Personalien äußern. In Koalitionskreisen wurden diese jedoch bestätigt. Am Mittwoch soll die Entscheidung nach der Kabinettssitzung in Berlin offiziell bekanntgegeben werden.
Anlass des Personalwechsels ist nach Medieninformationen ein gestörtes Vertrauensverhältnis zwischen den Spitzenbeamten und Friedrich. Der Minister soll mit der Amtsführung der Beamten unzufrieden gewesen sein. Angeblich sollen aus der Bundespolizei auch wiederholt brisante Informationen an die Öffentlichkeit gelangt sein, hieß es in Sicherheitskreisen.
Zustimmung aus der Koalition
Bei den Koalitionsparteien stießen die Personalentscheidungen auf Zustimmung. Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach forderte in der Bild am Sonntag eine Konzentration der Behörde auf ihre Kernkompetenz. Dafür müssten nun „die neue Führung und die Politik sorgen“.
Sein FDP-Amtskollege Serkan Tören verlangte weitere Reformschritte und eine „strengere Kontrolle durch das Parlament“. Die Bundespolizei hat rund 40.000 Mitarbeiter und ist damit die größte deutsche Polizeibehörde.
29 Jul 2012
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