taz.de -- Bankenaufsicht auf EU-Ebene gefordert: Privatbanken wollen Politik entmachten

Der Verband der Privatbanken will das Finanzministerium bei der Bankenaufsicht entmachten. Die Verbände der Sparkassen und der Genossenschaftsbanken sehen das anders.
Bild: Kritikpunkt: Bundesbank und Bafin kontrollieren die Banken gemeinsam.

FRANKFURT/M. rtr | Das Bundesfinanzministerium soll in der Bankenaufsicht nach dem Willen der deutschen Privatbanken künftig nichts mehr zu sagen haben. Die Kontrolle der Aufsichtsbehörden solle auf die EU-Ebene verlagert werden, wenn die Europäische Zentralbank (EZB) die Funktion des Oberaufsehers über die Branche übernehme. Das teilte der Bundesverbandes deutscher Banken (BdB) in einem Konzeptpapier mit, das der Nachrichtenagentur Reuters seit Dienstag vorliegt.

Im Zuge der sogenannten Bankenunion will die EU die EZB zur Aufsichtsbehörde über die Banken in den 17 Ländern der Euro-Zone machen - offen ist dabei noch, für welche Institute die Notenbank zuständig sein soll. Die EU-Aufsicht EBA war bereits im ersten Jahr ihres Bestehens massiv in die Kritik geraten. Sie soll als Regelsetzer bestehen bleiben und dafür sorgen, dass auch die Banken in den übrigen zehn EU-Staaten nach den gleichen Maßstäben beaufsichtigt werden.

„Nationalen Aufsichtsbehörden, die in erheblicher Kritik stehen, ihren Aufsichtsaufgaben nicht nachgekommen zu sein, um nationale Interessen zu schützen, wird Einfluss entzogen“, begrüßt der BdB die Verschiebung der Zuständigkeiten. Auslöser der Vorstoßes zur Bankenunion war die überraschende Schieflage spanischer Banken, vor der die Aufsicht nicht rechtzeitig gewarnt hatte.

Der Privatbankenverband, der unter anderem die Deutsche Bank und die Commerzbank vertritt, steht mit seiner Forderung, die EZB zum Aufseher für alle 6.000 Banken in der Euro-Zone zu machen, allerdings alleine da: Der Sparkassen- und der Genossenschaftsbanken-Verband wollen, dass die Zentralbank nur für die 25 systemrelevanten Großbanken zuständig ist. Auch in der EZB tendiert man zu einer solchen Aufgabenteilung.

Damit die EZB die umfassende Aufgabe bewältigen kann, solle etwa die Bafin Mitarbeiter nach Frankfurt abordnen, heißt es in dem Konzept. In Deutschland teilen sich bisher die Bundesbank und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) die Aufsicht über die Kreditinstitute. Die BaFin untersteht dem Finanzministerium und vollstreckt die Aufsichtsmaßnahmen, um die Unabhängigkeit der Notenbank nicht zu kompromittieren.

Rechtlich selbstständige Aufsicht

Um diese Zustand auch bei der EZB zu erreichen, soll innerhalb der Zentralbank nach den Vorstellungen des BdB eine rechtlich selbstständige, von der Geldpolitik getrennte Aufsicht entstehen. Sie könne sich der nationalen Aufsichtsbehörden weiterhin bedienen, vor allem um kleinere Banken zu beaufsichtigen, heißt es in dem Konzept. Das könne in Deutschland aber nur Bafin oder Bundesbank sein, nicht beide zusammen.

Allerdings räumt auch der BdB ungelöste Probleme ein: So fehlt ein europäisches Verwaltungsrecht, auf dessen Basis die EZB die Maßnahmen gegen die Banken durchsetzen könnte. Unklar ist, wie sich die Institute gegen EZB-Entscheidungen wehren können, die sie für falsch halten? Experten hatten bereits den Finger in die Wunde gelegt: Es sei schwer vorstellbar, dass etwa das Finanzministerium in Berlin die Entscheidungen aus Frankfurt rechtlich absichere, ohne selbst Einfluss darauf zu nehmen.

Auch in internationalen Gremien wie der EBA oder dem Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht solle die EZB die Stimmrechte der nationalen Behörden übernehmen, schreibt der BdB in dem Konzept. Das könnte auf Widerstand in Großbritannien stoßen: Mit den 17 Stimmen der Euro-Staaten hätte die EZB im Aufsichtsgremium der EBA stets die Mehrheit.

21 Aug 2012

TAGS

Axel Springer
EZB

ARTIKEL ZUM THEMA

Streit um Akteneinsicht: „Bild“ spielt Aufklärer

Ein Springer-Redakteur forderte Akteneinsicht von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Vor Gericht hatte er zunächst keinen Erfolg.

EU-Verträge unterlaufen: EZB-Bankenaufsicht illegal

Ein EU-Gutachten bezweifelt offenbar die Rechtsmäßigkeit der geplanten Bankenaufsicht unter EZB-Führung. Das ist ganz im Sinne der Berliner Politik.

Deutsche Bank suspendiert Händler: Steuerexperten müssen gehen

Die Deutsche Bank hat fünf ihrer Händler freigestellt. Sie sollen den Fiskus um mehrere hundert Millionen Euro betrogen haben. Ob ermittelt wird, ist unklar.

Berlin bremst Bankenunion: Konflikt um Zentralbank

Bundeskanzlerin Angela Merkel stimmte zu, doch ihr Finanzminister Schäuble hat plötzlich Bedenken – auch gegen eine größere Rolle der Europäischen Zentralbank.

Sparkassen wollen keine Kontrolle: EU-Bankenaufsicht ausgebremst

Die EU-Kommission will ab Januar 2013 alle Geldinstitute in Europa kontrollieren. Deutschland und seine Sparkassen wettern dagegen.

Fonds-Kontrolle durch BaFin: Warnen statt prüfen

Die Informationsbroschüren der in die Kritik geratenen Winkraft-Fonds werden von der Bundesbehörde BaFin kontrolliert – allerdings nur auf rechtliche Aspekte.

Neues Gesetz für Bankenüberwachung: Stresstest für Bankberater

Die Bundesregierung plant ein Gesetz, um verdeckte Ermittler zu Banken zu schicken. Sie sollen testen, ob Berater ihre Kunden richtig beraten.

Regulierung des Aktienhandels: Ein bisschen langsamer

Die Bundesregierung will den Hochfrequenzhandel mit Wertpapieren stärker regulieren. So sollen Spekulation und zu hohe kurzfristige Kursschwankungen eingedämmt werden.

Kabinett stärkt Finanzaufsicht: Verbraucher sollen mitreden

Die 2002 gestartete Finanzaufsicht Bafin soll schlagkräftiger werden. Die Rechte von Bankkunden werden gestärkt, so die Bundesregierung. Verbraucherschützer sind skeptisch.