taz.de -- Zentralbank soll Banken beaufsichtigen: Alle Macht der EZB

Die EU will der Zentralbank die Bankenaufsicht übertragen. Dabei ist sie Kritikern ohnehin zu mächtig. Italiens Premier fordert Solidarität von Merkel.
Bild: Zentrale Aufsicht: Mario Draghis Europäische Zentralbank soll den Banken künftig auf die Finger schauen.

BRÜSSEL taz | Die Europäische Zentralbank soll noch mächtiger werden. Die umstrittene Institution mit Sitz in Frankfurt soll „im Herzen“ der künftigen europäischen Bankenunion stehen, kündigte die EU-Kommission am Mittwoch in Brüssel an. Dort soll die EZB darüber wachen, dass Banken sich nicht verspekulieren. Damit sollen Bankenkrisen wie in Spanien künftig verhindert werden.

Diese Ankündigung dürfte für Aufregung sorgen, denn schon jetzt ist die EZB vielen zu mächtig. Seit Beginn der Eurokrise musste die Zentralbank mehrfach eingreifen – mal mit dem Kauf von Staatsanleihen, mal mit günstigen Billionenkrediten an die Banken. Mit der geplanten neuen Rolle in der Bankenaufsicht werde der Bock nun endgültig zum Gärtner gemacht, fürchten konservative Kritiker wie der Chef des Münchener Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn.

Eine Bankenunion bedeute die „kollektive Haftung für die Schulden der Banken des Eurosystems“. Damit werde Deutschland überfordert. Widerstand kommt auch von den Sparkassen. Sie fürchten, mit neuen Auflagen überfrachtet zu werden, und fordern, die EZB solle nur die Großbanken überwachen.

Kleinere Geldinstitute müssten weiter der nationalen Bankenaufsicht unterliegen, heißt es in einem offenen Brief an Kanzlerin Angela Merkel. Die Chancen, dass sich die Sparkassen durchsetzen, stehen gut. Denn auch die EU-Kommission will die EZB vor allem auf die Großbanken ansetzen.

Bundesbank gegen weitere Anleihekäufe

Besonders in Spanien ist die Bankenkrise außer Kontrolle geraten, sodass die Regierung in Madrid Hilfe aus dem Eurorettungsschirm beantragen musste. Schon bald könnte ein weiterer Hilferuf zur Stützung der spanischen und italienischen Anleihemärkte folgen.

Italiens Premier Mario Monti forderte Kanzlerin Merkel gestern bei einem Berlin-Besuch auf, mögliche Hilfsanträge zu unterstützen. Deutschland würde ein „Eigentor“ schießen, wenn es sich der EZB in den Weg stelle, so der Italiener. Vor allem die Bundesbank stemmt sich gegen den Ankauf von Staatsanleihen.

29 Aug 2012

AUTOREN

Eric Bonse

TAGS

UBS
EU-Gipfel
EZB

ARTIKEL ZUM THEMA

Entlassungen bei Schweizer Großbank: UBS drosselt Zocker-Sparte

Das Investmentgeschäft der Schweizer Bank UBS steigert seine Gewinne. Trotzdem sollen fast 10.000 Jobs abgebaut werden.

EU-Gipfel beschließt Bankenaufsicht: Merkel hat es nicht eilig

Frankreich drückt aufs Tempo, Deutschland tritt auf die Bremse. Der Kompromiss zur Bankenaufsicht beim EU-Gipfel ist vage.

EU-Verträge unterlaufen: EZB-Bankenaufsicht illegal

Ein EU-Gutachten bezweifelt offenbar die Rechtsmäßigkeit der geplanten Bankenaufsicht unter EZB-Führung. Das ist ganz im Sinne der Berliner Politik.

Berlin bremst Bankenunion: Konflikt um Zentralbank

Bundeskanzlerin Angela Merkel stimmte zu, doch ihr Finanzminister Schäuble hat plötzlich Bedenken – auch gegen eine größere Rolle der Europäischen Zentralbank.

Sparkassen wollen keine Kontrolle: EU-Bankenaufsicht ausgebremst

Die EU-Kommission will ab Januar 2013 alle Geldinstitute in Europa kontrollieren. Deutschland und seine Sparkassen wettern dagegen.

Verfassungsgericht zum ESM: Da war doch was

Am Mittwoch entscheidet das Bundesverfassungsgericht über den Euro-Rettungschirm ESM. Um was geht es da nochmal?

Rösler gegen EZB-Anleihenkäufe: Weg von der „Inflationsgefahr“

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler hat sich gegen den Ankauf von Staatsanleihen der EZB ausgesprochen. Er hält dies für keine „dauerhafte Lösung“.

Ökonom Illing zur Krise: „Deutschland tut der Euro gut“

Wenn die Währung zerbricht, dann eher an Finnland als an Griechenland, sagt der Ökonom Gerhard Illing. Aber auch durch ständiges Reden darüber.

Maßnahmen zur Eurorettung: Draufhaun auf die EZB

„Drogensüchtige“ und „Falschmünzer“ – die Pläne der Europäischen Zentralbank zur Eurorettung stoßen auf harten Widerstand bei CSU und Bundesbank.

Ankauf von Staatsanleihen: Auf der Suche nach dem Zinsziel

Die Europäische Zentralbank will durch Aufkäufe die Zinsen für Italien und Spanien niedrig halten. Fragt sich nur, wann und wie sie tatsächlich eingreifen wird.

Kommentar Europäische Zentralbank: Bundesbank endlich machtlos

Für EZB-Direktor Asmussen ist vollkommen klar, dass die EZB Staatsanleihen kaufen wird. Mit dieser Erkenntnis ist er spät dran, aber früher als der Bundesbank-Chef.