taz.de -- Saudischer Menschenrechtsaktivist: Die harte Hand der Regierung

Unermüdlich hat sich der Saudi al-Qahtani für diejenigen eingesetzt, die willkürlich inhaftiert wurden. Jetzt muss er selbst sich vor einem Gericht in Riad verantworten.
Bild: Steht in Riad vor Gericht: Mohammed al-Qahtani.

Seit Samstag muss sich der saudische Menschenrechtsaktivist Mohammed al-Qahtani vor einem Gericht in Riad verantworten. Der 46-Jährige ist unter anderem angeklagt, eine unerlaubte Organisation gegründet, die Loyalität gegenüber dem König aufgekündigt und das saudische System einen Polizeistaat genannt zu haben.

Außerdem wird ihm vorgeworfen, die öffentliche Meinung sowie internationale Organisationen gegen das Königreich wegen seiner angeblichen Menschenrechtsverletzungen aufgehetzt zu haben. Wird er verurteilt, drohen ihm fünf Jahre Gefängnis.

Die Vorwürfe gegen al-Qahtani fassen seine Arbeit als politischer Aktivist akkurat zusammen. Im November 2009 war er Mitbegründer der Saudischen Vereinigung für politische und zivile Rechte (ACPRA), die er seit Mai 2011 leitete. Im Gründungsmanifest von ACPRA werden Menschenrechte und die Einführung der Demokratie gefordert. Außerdem müssten die Apanagen für die mehr als 5.000 Mitglieder der saudischen Königsfamilie abgeschafft werden, hieß es darin. Auch die zentrale Rolle des Islam in der Politik des Landes wird infrage gestellt.

Unermüdlich hat sich al-Qahtani, der verheiratet ist und zwei Töchter hat, für diejenigen eingesetzt, die willkürlich inhaftiert wurden, und sogar das Innenministerium vor der Bürger-Beschwerdekammer verklagt. Dass ihm das in Saudi-Arabien Schwierigkeiten einbringen musste, einem Land, das in Listen von Menschenrechtsorganisationen regelmäßig unter den zehn am wenigsten freien Ländern der Welt rangiert, war ihm klar.

„Wir probieren aus, wie weit wir mit dem Regime gehen können“, sagte er der taz im Frühjahr 2011. Er glaubte damals, der saudische König schütze ihn vor einer Verhaftung, und dass seine Lehrtätigkeit als Professor für Wirtschaft am Institut für Diplomatie, einer Schule des Außenministeriums, ihm eine gewisse Sicherheit gewähre. König Abdullah und Außenminister Prinz Saud gelten als liberalere Stimmen innerhalb des saudischen Königshauses.

Klar, al-Qahtanis Telefon wurde abgehört. Klar, nach der Gründung von ACPRA wurde er zweimal vom Geheimdienst einbestellt. Aber das schreckte ihn nie. Jetzt, nach seinem ersten Prozesstag, sagte er der BBC: „Die Regierung hat lange still gehalten. Nun bekommen wir ihre harte Hand zu spüren, aber wir werden weiterhin unsere Arbeit tun.“

3 Sep 2012

AUTOREN

Böhm

TAGS

Baby
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024

ARTIKEL ZUM THEMA

Todesurteil in Saudi-Arabien: Hausmädchen enthauptet

Im ultrakonservativen Königreich Saudi-Arabien ist eine junge Haushälterin hingerichtet worden. Sie soll 2005 einen Säugling getötet haben.

Katar bewirbt sich für Olympia 2024: Die Emire setzen auf Frauen

Ölscheichs können sich problemlos Olympische Spiele leisten. Das weiß jeder. Mit einer PR-Kampagne inszeniert sich Katar als Land der Sport treibenden Muslimas.

Kommentar Terror im Sinai: Der Westen als Terrorhelfer

Der Süden des Sinais ist ein Badeparadies, während im Norden Anschläge stattfinden. Wer pauschal vom Sinai als Terrornest schreibt, gefährdet Existenzen.

Regierung verteidigt Panzer für Katar: Lieber wir als andere

Nach der Kritik an dem möglichen Panzergeschäft mit Katar haben Koalitionspolitiker ihre Pläne verteidigt. Wenn Deutschland die Waffen nicht liefere, werde es ein anderes Land tun.

Saudische Frauen dürfen zu Olympia: Arabischer Frühling an der Themse

Das streng islamische Königreich will erstmals Athletinnen zu den Olympischen Spielen entsenden. Wahrscheinlich hat aber nur eine Springreiterin die Chance, sich für London zu qualifizieren.