taz.de -- Kommentar Terror im Sinai: Der Westen als Terrorhelfer

Der Süden des Sinais ist ein Badeparadies, während im Norden Anschläge stattfinden. Wer pauschal vom Sinai als Terrornest schreibt, gefährdet Existenzen.

Wieder haben die Medien ein Terroristennest entdeckt – diesmal im Sinai. Mit groben Strichen skizzieren sie die politische Gemengelage im riesigen Wüstengebiet zwischen Ägypten, Israel, Jordanien und Saudi-Arabien: Die dem Dschihad zugeneigten Beduinen einerseits, das nun hart für Ordnung sorgende ägyptische Militär andererseits.

Der Sinai lässt sich aber nicht auf eine simple Formel bringen. Norden und Süden unterscheiden sich ökonomisch und lebensweltlich stark voneinander. Ein Trekkingführer, der im Norden aufwuchs und nun im Süden sein Geld verdient, formuliert es so: Im Norden gibt es nur eine Meinung, im Süden gibt es alle Meinungen.

Im Norden fand aber der Anschlag statt, dort findet sich die militärisch sensible Grenze zu Israel und eben dort haben sich in der jüngsten Vergangenheit mehr dschihadistische Gruppen angesiedelt. Touristen sind hier ungerne gesehen, die Leute leben vom Schmuggel und vom Ackerbau.

Im Süden hingegen finden sich die allesamt bikinifreundlichen Bade- und Schnorchelparadiese, hier leben Ägypter und Beduinen zumeist einträchtig vom Tourismus. Islamisten sind hier ungern gesehen. Wer lässig vom Sinai als Terrorenklave spricht, entzieht den ganz normalen Leuten, Beduinen wie Ägyptern, die Existenzgrundlage.

Wer bucht dann noch die Pauschalreise nach Scharm al-Scheich oder reist nach Dahab, um durch die Wüste zu wandern? Niemand – das vermeintlich sichere Urlaubsgebiet ist ja nur einen Mausklick entfernt. Ohne den vergleichsweise liberalen Süden aber wird sich der Sinai nicht befrieden lassen. Denn für Frieden braucht es die Modernisierung der Region. Eine ökonomische Perspektive, die Traditionen integriert, ist die beste Waffe gegen Terror.

10 Aug 2012

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Ines Kappert

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