taz.de -- Armut in Deutschland: Jedes siebte Kind lebt von Hartz IV

1,6 Millionen Kinder unter 15 Jahren sind auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen. Ihr Anteil ist leicht gesunken. Die meisten armen Kinder gibt es in Berlin.
Bild: Aufwachsen in Armut: Kinder bei der Essensausgabe der Arche.

NÜRNBERG afp | Etwa jedes siebte Kind in Deutschland wächst in ärmlichen Verhältnissen auf. Derzeit sind mehr als 1,6 Millionen Kinder unter 15 Jahren auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen, wobei die Quote rückläufig sei, wie eine Sprecherin der Nürnberger Bundesagentur für Arbeit am Donnerstag sagte.

Der in einer Analyse der Bundesagentur zur Grundsicherung veröffentlichten Statistik zufolge betrug die Quote der auf Hartz-IV-Leistungen angewiesenen Kinder im April bundesweit 14,9 Prozent. Ein Jahr davor lag die Quote noch bei 15,4 Prozent. Im September 2009, bei der ersten Analyse dieser Art, waren es 15,7 Prozent. Die BA-Sprecherin hob auf Anfrage diesen Rückgang hervor.

Auch die Saarbrücker Zeitung berichtete von einem Rückgang: Seit 2005 habe sich die Zahl der betroffenen Kinder um gut 81.000 verringert. Parallel dazu sei jedoch die Zahl der Bezieher des sogenannten Kinderzuschlags gestiegen. Während es Ende 2005 knapp 41.000 Kinder gegeben habe, deren Eltern den Kinderzuschlag bezogen hätten, seien es im August 2012 mehr als 210.000 gewesen, hieß es in dem Bericht. Etwa 87 Prozent von ihnen seien jünger als 15 Jahre.

Der Kinderzuschlag ist für Haushalte gedacht, in denen die Eltern ihren eigenen Bedarf zwar durch ihr Einkommen decken können, aber wegen des Bedarfs ihrer Kinder Anspruch auf Hartz IV hätten. Durch den Kinderzuschlag wird der Hartz-IV-Bezug vermieden.

Regional gibt es große Unterschiede bei den auf Hartz-IV-Leistungen angewiesenen Kindern. Während es in Bayern mit 6,8 Prozent nicht einmal jedes vierzehnte Kind ist, ist es in Berlin mit 34,5 Prozent mehr als jedes dritte Kind.

20 Sep 2012

TAGS

Schwerpunkt Armut

ARTIKEL ZUM THEMA

Armut in Deutschland: Die Metropolen sind arm dran

In deutschen Großstädten lebt ein Fünftel der Bevölkerung unter der Armutsgrenze. Im Ruhrgebiet ist es sogar ein Viertel. Der Bundesdurchschnitt ist aber niedriger.

Armut und Reichtum: Mehr Jobs, größere Ungleichheit

Die Ergebnisse des Berichts der Bundesregierung liegen vor: Trotz positiver Entwicklungen ist das Armutsrisiko ist seit 2005 gleich hoch geblieben.

Diskussion um Armutsbericht: Um Verteilung geht es nicht

Der Armutsbericht appelliere nur an die Freigiebigkeit der Reichen, sagt Ministerin von der Leyen. Um höhere Steuern gehe es nicht.

Koalitionsstreit um Armutsbericht: Bloß keine Steuererhöhungen

Das Wirtschaftsministerium lehnt den Armutsbericht aus Ursula von der Leyens Arbeitsministerium ab. Armut soll keine Steuerhöhungen für Reiche rechtfertigen.

Kommentar Reichtumsverteilung: Klassenkampf von oben

In den USA gilt laut Mitt Romney: Wer arm ist, hat selbst schuld. Auch in Deutschland könnte mittelfristig ein Klassenkampf von oben einsetzen.

Armuts- und Reichtumsbericht: Reich und reich gesellt sich gern

Nein, nicht durchs Sparen, nicht durchs Lernen und auch nicht durchs Heiraten wird man reich. Die Eliten bleiben unter sich.