taz.de -- Kommentar Eskalation im Ostkongo: Es ist gut, wenn Goma fällt
Bei einem militärischen Erfolg der kongolesischen Rebellen in Goma müsste die Regierung sich mit ihnen endlich über die Probleme des Landes verständigen.
Ostkongos M23-Rebellen zeigen militärisch Stärke. Sie sind bis an den Rand der Provinzhauptstadt Goma vorgerückt, die Regierungsarmee ist auf der Flucht, die weitere Entwicklung völlig offen.
Ganz überraschend kommt das nicht. Dass es nach mehreren Monaten relativer Ruhe an der ostkongolesischen Front wieder zu einer Eskalation kommen würde, deutete sich längst an. Aber der Zeitpunkt ist, zufällig oder nicht, symbolisch bedeutsam: In einer Woche jährt sich die extrem umstrittene, weil höchstwahrscheinlich massiv gefälschte Wiederwahl Joseph Kabilas als Präsident der Demokratischen Republik Kongo.
Es gäbe keinen besseren Weg, die schwache Legitimität der Kabila-Regierung vorzuführen, als ihr just zu diesem Jahrestag eine verheerende militärische Niederlage beizufügen. Sollte Goma tatsächlich fallen, käme die Regierung an Gesprächen nicht mehr vorbei. Sie müsste dann endlich anfangen, sich mit ihren militärischen Gegnern über die Probleme des Landes zu verständigen. Bisher vermeidet sie das. Auf das böse Ruanda zu zeigen ist einfacher.
Sicher wäre die M23 ohne Unterstützung aus Ruanda nie so stark geworden, wie sie jetzt ist. Aber der Umkehrschluss, dass ohne Ruanda der Kongo friedlich und glücklich wäre, ist absurd. Die Probleme, die zur neuen Rebellion führten, sind alt und tiefgehend; sie betreffen das Staatsversagen im Kongo insgesamt. Und die M23 ist keineswegs allein. Dutzende bewaffnete Gruppen sind im Kongo aktiv.
Kongos Krise ist hausgemacht und muss von den Kongolesen selbst gelöst werden. Der Fall Gomas würde diese Einsicht befördern. Die internationalen Partner sollten aufhören, die Rebellen zu verteufeln, und die Chance nutzen, um im Kongo auf einen politischen Reformprozess zu drängen.
18 Nov 2012
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