taz.de -- Dumping mit Subunternehmern: Osteuropa-Löhne im Schlachthof

Ein Betrieb bei Oldenburg plant, einen zentralen Betriebsteil an Subunternehmer auszugliedern. Die Gewerkschaft NGG nennt befürchtet Lohndumping.
Bild: Stammbelegschaft oder keine? In einer Ammerländer Wurstfabrik werden Schweinehälften zerlegt.

HAMBURG taz | Warum eigene Arbeitskräfte beschäftigen, wenn es ein Subunternehmen billiger macht? Die Großschlachterei des Vion-Konzerns in Emstek bei Oldenburg will einen zentralen Teil ihrer Produktion auslagern: Die gesamte Schlachtung soll künftig von einer Fremdfirma erledigt, die bisherige Belegschaft in andere Bereiche versetzt werden.

Die Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG) befürchtet, dass die Vergabe einem Muster in der Branche folgen wird und osteuropäische Arbeitnehmer zu osteuropäischen Löhnen im Landkreis Cloppenburg beschäftigt werden. Von „Lohndumping“ spricht der Betriebsratsvorsitzende Martin Tiedeken.

Die Tatsache, dass fest angestellte Beschäftigte durch solche mit Werkverträgen sowie Leiharbeiter ersetzt werden, hat in Niedersachsen in den vergangenen Wochen Wellen geschlagen. Politiker aber auch ein Vertreter der Kirche hatten die schlechte Bezahlung und katastrophale Unterbringung der Osteuropäer kritisiert.

In Emstek verhandeln die Gewerkschaft und der Betriebsrat seit Wochen mit der Geschäftsführung darüber, ob anständig bezahlte Beschäftigte ersetzt werden durch schlecht bezahlte Werksverträgler ohne deutsche Sozialversicherung. Für den gestrigen Montag geplante Verhandlungen wurden auf den 19. Dezember vertagt, weil der Vorsitzende der Einigungsstelle erkrankt war. Die Firma Vion wollte sich wegen der Verhandlungen nicht im Detail äußern. Sorgen um den Standort Emstek seien unbegründet, versicherte ein Sprecher.

Zwischen 1.600 und 3.000 Euro brutto

Vion bezahlt seine Mitarbeiter nach einem Haustarif. Pro Monat nehmen sie laut Betriebsrat zwischen 1.600 und 3.000 Euro brutto nach Hause. Selbst wenn seine Leute in anderen Bereichen des Betriebs unterkämen, würden eben dort Leiharbeitnehmer entlassen, befürchtet der Betriebsratsvorsitzende Tiedeken. So oder so laufe das auf Lohndrückerei hinaus.

Matthias Brümmer von der Gewerkschaft NGG hält die Pläne des Vion-Konzerns für rechtlich fragwürdig: Um Fleisch verarbeiten zu dürfen, benötige ein Unternehmen eine Zulassung der Europäischen Union, die nicht ohne weiteres zu bekommen sei. Das Schlachten sei der Hauptzweck des Betriebs in Emstek. „Nach unserer Einschätzung kann das gar nicht vergeben werden“, sagt Brümmer.

Besonders erbost den Gewerkschafter, dass es sich für den Schlachthof wegen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) lohnen könnte, den Anteil an nicht fest Angestellten zu erhöhen: Im Gegensatz zu Festangestellten produzieren Werksverträgler und Leiharbeiter Kosten, die die Wertschöpfung mindern. Steigt der Stromverbrauch eines Unternehmens aber auf mehr als 14 Prozent der Wertschöpfung, so gilt es als energieintensiv – und darf einen Rabatt bei der EEG-Umlage verlangen. Dafür aufkommen müssen die normalen Haushalte. „Das heißt der Verbraucher zahlt nochmal“, sagt Brümmer.

Zum Arzt gehen können muss sein

Nach Ansicht des Gewerkschafters muss diese Fehlsubventionierung weg. Es müsse fixiert werden, dass zentrale Prozesse in Unternehmen nicht per Werkvertrag ausgegliedert werden können. Auch müssten ausländische Arbeitnehmer auf deutschem Niveau sozialversichert werden, so dass sie auch zum Arzt gehen können. Und schließlich müsse ein Mindestlohn eingeführt werden.

An dieser Stelle trifft sich der Gewerkschafter mit dem Präsidenten des Bundesverbandes Vieh und Fleisch, Rainer Wagner. „Wer in Vollzeit arbeitet, der muss davon leben können“, sagt der Wurstfabrikant und plädiert für einen Mindestlohn von 7,50 Euro. Anders als Schlachthöfe gliederten die Fleischverarbeiter Produktionsteile selten aus. „Wir arbeiten lieber mit Stammbelegschaften“, sagt Wagner, „weil wir auf die Betriebsverbundenheit bauen können, wenn Sonderschichten nötig sind.“

Die Branche müsse auf ihr Image achten, da sie Nachwuchsprobleme habe. Bei manchen Schlachthöfen hätten die Werkverträge strukturelle Gründe: Ihr Betrieb verlaufe stoßweise. „Die schlachten“, so Wagner, „nur dreimal die Woche.“

10 Dec 2012

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Gernot Knödler

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