taz.de -- Die finanzielle Schere im Profifußball: Pleitiers im Boommarkt

Die Fußball-Bundesliga feiert Rekordzahlen. Doch gut läuft das Geschäft nur ganz oben. An kleineren Standorten rollt der Ball nur noch dank Subventionen.
Bild: Das bisher prominenteste Opfer: Alemannia Aachen

Es ist ein Bild des Jammers, das der deutsche Fußball in diesen Tagen abgibt. Immer mehr Traditionsklubs kämpfen ums Überleben.

Alemannia Aachen versucht, in der Restspielzeit der Dritten Liga noch so viel Geld einzutreiben, dass das Insolvenzverfahren vielleicht doch nicht eröffnet werden muss. In der Zweiten Liga hat der MSV Duisburg ein paar wohlmeinende Gönner aufgetrieben, die eine Pleite im letzten Moment doch noch verhindert haben. Drittligaspitzenreiter VfL Osnabrück kann nur dank einer Finanzspritze der Kommune überleben. Und auch wie der Hauptstadtzweitligist Hertha BSC es immer wieder schafft, nicht unter seinem Schuldenberg von 37 Millionen Euro begraben zu werden, kann keiner so recht erklären. Profifußball in Deutschland ist ein schwieriges Geschäft.

Und doch will niemand von einer Krise sprechen. Im Gegenteil. Die Deutsche Fußball Liga (DFL), in der die Klubs der Ersten und Zweiten Bundesliga organisiert sind, hat in dieser Woche wieder einmal neue Rekordzahlen vorgelegt, die vermuten lassen, Fußball könnte vielleicht doch eine gute Geschäftsidee sein. Die Erste Liga hat im zugrunde liegenden Geschäftsjahr 2011/2012 erstmals mehr als 2 Milliarden Euro umgesetzt. Der Umsatz der beiden Profiligen betrug 2,47 Milliarden Euro, 7,2 Prozent mehr als im Vorjahr.

Zu diesen Jubelzahlen passt auch das Bombenergebnis des deutschen Vizemeisters. Mit einem Umsatz von 368 Millionen Euro hat es der FC Bayern München auf Platz vier der Football Money League geschafft, eines Rankings, das die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte alljährlich veröffentlicht. Borussia Dortmund hat sich in der Geldliga vom 16. auf den 11. Platz vorgearbeitet. Zumindest an der Spitze des deutschen Fußballs brummt es.

Spanische Unwucht

Dass den reicher werdenden Klubs der Unterbau regelrecht wegbrechen könnte, auch das zeigt die Deloitte-Liste. Sie wird angeführt von Real Madrid, das allein mehr als eine halbe Milliarde Euro erwirtschaftet hat. Dahinter liegt der FC Barcelona. Die beiden Klubs profitieren vor allem davon, dass sie ihre TV-Rechte selbstständig vermarkten dürfen: Die anderen Klubs in der spanischen Liga haben nichts von ihrem Erfolg. In Zeiten der Krise hatte das zur Folge, dass zum ersten Mal in der Geschichte der Geldliga neben Real und Barcelona kein weiterer spanischer Verein unter den Top 20 zu finden ist.

In Deutschland gibt es zwar immer noch eine zentrale Vermarktung der Fernsehrechte, doch auch hier hat sich das Verhältnis über die Jahre immer mehr zugunsten der erfolgreichsten Erstligisten verschoben. Die 18 Zweitligisten müssen sich 20 Prozent der Gelder für TV-Rechte teilen. Die Umsatzzahlen der DFL zeigen, wie schlecht sich die unterklassigen Klubs auf dem freien Sponsorenmarkt vermarkten lassen. So trägt die Zweite Liga nur 15 Prozent zum Gesamtumsatz in der DFL bei.

Wer aus der Ersten Liga absteigt, muss massiv sparen. Von 14 Mitarbeitern in der Geschäftsstelle hat sich Hertha BSC nach dem Abstieg getrennt, um einen Kader finanzieren zu können, der den Wiederaufstieg schaffen kann. Im Klub weiß man, dass die Schulden – wenn überhaupt – nur durch die höheren Einnahmen in der Ersten Liga abgebaut werden können.

Die Abstände werden größer

Auch der Abstand zwischen Zweiter und Dritter Liga wird immer größer. Dank des neuen TV-Vertrags können Zweitligisten mit etwa 6 Millionen Euro – Prämien für die Platzierung in der Tabelle nicht eingerechnet – pro Saison aus dem Fernsehtopf rechnen.

In Liga drei, die unter der Hoheit des Deutschen Fußball-Bundes stattfindet, gibt es für einen Klub gerade mal 800.000 Euro pro Saison. Oft sind es kommunale Unternehmen, ohne die die Vereine dann nicht mehr überleben würden. In Rostock, Babelsberg oder Osnabrück wären die Klubs ohne Hilfe aus den Stadträten längst pleite.

Auch in Spanien waren es oft die Kommunen, die ihre Klubs vor dem Aus gerettet haben und munter Subventionen, Bürgschaften oder Steuernachlass beschlossen. Derzeit regt sich in Valencia Widerstand dagegen, dass die Regionalregierung mitten in der großen Krise den Pleiteverein FC Valencia retten will. In Deutschland wird dagegen weitgehend ohne öffentliches Murren subventioniert.

25 Jan 2013

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Andreas Rüttenauer

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