taz.de -- Krieg in Mali: Durchbruch in Gao und Timbuktu

Gao, die größte Stadt im Islamistengebiet, soll zumindest teilweise von Frankreichs und Malis Armeen erobert worden sein. Aber Genaues erfährt Malis Bevölkerung nicht.
Bild: Nach der Schlacht ist vor der Schlacht: Zwei malische Soldaten ruhen sich nach der Einnahme Diabaly aus

BAMAKO taz | Oumou Traoré kann über die Neuigkeiten aus Gao noch nicht ausgelassen jubeln. Im Radio hat die 34-jährige Malierin, die aus Gao stammt, aber seit einigen Wochen in der 1.200 Kilometer entfernten Hauptstadt Bamako lebt, zwar Sonntag früh gehört: Die französischen und malischen Truppen haben am Samstag den Flughafen und die Wabary-Brücke – die überaus wichtige Verbindung über den Niger-Fluss – in ihrer Heimatstadt eingenommen. „Aber deshalb ist Gao noch lange nicht richtig befreit“, sagt die Mutter von zwei Kindern, die sich in der Hauptstadt als Verkäuferin durchschlägt, skeptisch.

In französischen Medien wird der Einzug in der mit gut 50.000 Einwohnern größten Stadt der von Islamisten kontrollierten Nordhälfte Malis allerdings ordentlich gefeiert. Auf dem Blog der Tageszeitung Le Monde heißt es beispielsweise: „Gao ist gefallen. Gao – der erste Sieg.“ In anderen Nachrichten wird unter Berufung auf malische Sicherheitskräfte behauptet, dass die Stadt „zu 100 Prozent“ eingenommen worden sei.

Der französische Auslandssender RFI geht davon aus, dass 15 Islamisten bei den Kämpfen getötet wurden. An diesen waren neben Soldaten aus Frankreich und Mali auch Streitkräfte aus den östlichen Nachbarländern Tschad und Niger beteiligt. Sie sollen nun die Kontrolle über Gao übernehmen.

Viel Spekulation, wenig Sicherheit

In Bamako herrscht allerdings vorerst vorsichtige Freude. Man ist unsicher, ob Gao tatsächlich als „befreit“ gelten kann. Ein malischer Polizeiverantwortlicher bestätigt: Brücke und Flughafen sind eingenommen. Doch wie es mit den restlichen Vierteln aussieht, dazu will er sich nicht konkret äußern. Er warnt: „Die Islamisten sollen sich weiterhin in den Wohnvierteln verstecken.“

Genau davor hat auch Oumou Traoré große Angst, auch deshalb, weil ihr älterer Bruder weiterhin in Gao lebt. Anders als sie wollte er die Stadt nicht mit Frau und Kindern verlassen, sondern auf das Haus aufpassen. Die Angst, dass alles verloren ist, wenn die ganze Familie die Stadt verlässt, war zu groß. Ob sich dort nun die Kämpfer der multinationalen islamistischen bewaffneten Gruppe „Bewegung für Einheit und Dschihad in Westafrika“ (Mujao) weiter aufhalten, die in Gao ihr Hauptquartier eingerichtet hatten? „Darüber wird hier spekuliert“, sagt sie.

Weiter nach Timbuktu

Seit mehr als einer Woche kann Oumou Traoré nicht mehr in den Norden telefonieren. Die „Terroristen“ sollen alle Leitungen gekappt haben. „Ich komme einfach nicht durch“, seufzt sie. Ibrahim, ein junger Tuareg, der ebenfalls aus Gao stammt, hat jedoch mehr Erfolg gehabt. „Ich konnte ganz kurz anrufen, habe aber nicht viel erfahren. Dann brach das Gespräch schon wieder ab“, sagt er. Malitel, einer der großen Mobilfunkanbieter im Land, soll seit Sonntagmorgen zeitweise wieder funktionieren.

Nach Gao plant das französische Militär nun, den Marsch fortzusetzen: nach Nordwesten, also tiefer in das Land hinein. Am Wochenende verkündete der französische Premierminister Jean-Marc Ayrault, die Truppen würden „bald vor Timbuktu“ stehen.

Die legendäre Wüstenstadt, wo die Islamisten im vergangenen Sommer Kulturgüter zerstört hatten, gilt als nächstes Ziel der 2.500 französischen Soldaten in Mali. In weniger als vier Wochen, so erklärte Anfang letzter Woche das malische Militär, sollen Gao und Timbuktu zurückerobert sein. Am Sonntag gibt es erste Medienberichte über die unmittelbar bevorstehende Einnahme Timbuktus.

In der Nacht zum Sonntag bombardierte die französische Luftwaffe außerdem die Stadt Kidal im äußersten Nordosten Malis. Dabei traf sie Berichten zufolge auch das Haus von Iyad Ag Ghaly, Chef von Ansar Dine (Verfechter des Glaubens). Der frühere Tuareg-Rebellenführer hatte diese radikalislamistische Bewegung 2011 gegründet.

27 Jan 2013

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Katrin Gänsler

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