taz.de -- Kritik an online-Händler reißt nicht ab: Kartellamt verdächtigt Amazon
Schlechte Nachrichten für den Onlinehändler: Der US-Konzern steht wegen möglicher Verletzung des Kartellverbots unter Beobachtung.
DÜSSELDORF rtr/dpa | Das Bundeskartellamt nimmt den Onlinehändler Amazon unter die Lupe. Die Wettbewerbshüter verdächtigen den US-Konzern, den Wettbewerb zwischen verschiedenen Handelsforen im Internet zu beschränken. Dabei geht es um den Amazon Marketplace, über den Händler ihre Waren anbieten können, wie die Bonner Behörde am Mittwoch mitteilte.
Im Zentrum der Untersuchung steht eine „Preisparitätsklausel“. Diese untersagt Händlern, Produkte, die sie auf Amazon Marketplace anbieten, an anderer Stelle im Internet günstiger zu verkaufen. Das Verbot bezieht sich sowohl auf andere Internetmarktplätze wie etwa eBay als auch auf die eigenen Onlineshops der Händler. Die Klausel „kann gegen das allgemeine Kartellverbot verstoßen“, erklärte Kartellamtschef Andreas Mundt.
Dies sei vor allem dann der Fall, wenn durch die Beschränkung der Preissetzungsfreiheit der Wettbewerb zwischen den verschiedenen Internetmarktplätzen beschränkt wird. Das Kartellamt will nun rund 2.400 Händler befragen, die Waren bei Amazon anbieten. Sollte sich der Verdacht bestätigen, kann die Behörde Amazon zwingen, künftig auf die Preisparitätsklausel zu verzichten. Von Amazon war zunächst keine Stellungnahme dazu zu erhalten.
In der vergangenen Woche war der Konzern wegen des Umgangs mit Leiharbeitern in die [1][Kritik] geraten. Inzwischen kündigte der Internetversandhändler dem umstrittenen Sicherheitsdienst H.E.S.S., der nach einem Medienbericht Leiharbeiter bespitzelt hatte und zudem im Verdacht steht, Kontakte in die Neonaziszene zu haben. Auch einen zweiten Dienstleister feuerte Amazon.
Unterdessen haben zwei kleine Buchverlage die Geschäftsbeziehung mit Amazon gekündigt. Der Kunst- und Literaturverlag [2][Ch. Schroer] in Lindlar bei Köln und der Mainzer [3][VAT Verlag] beendeten ihre Kooperationsverträge mit dem Internetversandhändler. Grund seien „katastrophal schlechte Konditionen“, die Amazon Kleinverlegern gewähre, schrieb der Verleger Thiele in einem [4][Kündigungsbrief].
20 Feb 2013
LINKS
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Die Gespräche zwischen Amazon und der Gewerkschaft Ver.di sind auch in Hessen gescheitert. Jetzt stehen alle Zeichen auf Streik.
In Sachsen wehren sich die Angestellten des Internet-Versandkonzerns gegen dessen Lohnpolitik. Sie wollen eine Gleichstellung mit dem Flächentarif erreichen.
„Kunden, die diesen Artikel gekauft haben, kauften auch“... Die Bücherempfehlungen auf Amazon werden dank des jüngsten Zukaufs des Portals noch raffinierter.
Bernd Schlömer, Vorsitzender der Piraten, fordert den Boykott von Amazon. Stefanie Nutzenberger von Ver.di widerspricht.
Eine fragwürdige Sicherheitsfirma, empörte Kleinverlage, Kartellverdacht: Es gibt viele Gründe, nicht mehr bei Amazon einzukaufen.
Amazon hat nicht nur schlechte Arbeitsbedingungen. Auch viele Datenschutzfragen bleiben unbeantwortet, Steuertricks sind üblich.
Ver.di-Sekretär Heiner Reimann begleitet Leiharbeiter in Bad Hersfeld. Er hält nichts davon, Amazon-Konten zu löschen und fordert gleichen Lohn für alle.
Amazon beutet Leiharbeiter aus Polen und Spanien systematisch aus. Dabei tragen die Verbraucher die Schuld. Sie müssen anfangen, bewusst zu konsumieren.
Nach den Vorwürfen gegen den Online-Versandhändler kündigt nun auch die Politik Reaktionen an – und droht dem Konzern mit Lizenzentzug.
Eine ARD-Doku zeichnet ein düsteres Bild vom Umgang mit Leiharbeitern bei Amazon. Nicht die erste Kritik. Das Unternehmen will den Vorwürfen nachgehen.
Globale Großkonzerne lassen sich häufig in Kleinststaaten nieder. Der geringe Steuersatz hilft ihnen die Umsatzsteuer in ihren Heimatländern zu hinterziehen.