taz.de -- Parlamentswahlen in Italien: Italien droht politische Lähmung

Das Mitte-Links-Bündnis gewinnt die Wahl zum italienischen Abgeordnetenhaus. Im Senat hat jedoch Berlusconis Mitte-Rechts-Bündnis mehr Mandate.
Bild: Um Gesetz durchzubringen fehlt die Mehrheit in beiden Häusern Italiens.

ROM afp | Italien droht nach den Parlamentswahlen eine politische Blockade. Nach einem regelrechten Wahlkrimi lag amtlichen Angaben vom Dienstagmorgen zufolge das Mitte-Links-Bündnis von Spitzenkandidat Pier Luigi Bersani mit 29,54 Prozent der Stimmen knapp im Abgeordnetenhaus vor der Allianz des früheren Regierungschefs Silvio Berlusconi mit 29,18 Prozent. Da es im Senat aber keine klare Mehrheit gab, droht nun eine politische Lähmung des Eurolandes.

Das Land befinde sich in einer „sehr heiklen Lage“, sagte Bersani in einer ersten Reaktion noch auf vorläufige Ergebnisse am Montagabend, bei denen sich die Pattsituation bereits abgezeichnet hatte.

„Wir werden die Verantwortung, die diese Wahlen uns gegeben haben, im Interesse Italiens meistern“, fuhr er fort.

Da nach italienischem Wahlrecht das stärkste Parteienbündnis automatisch die absolute Mehrheit im Abgeordnetenhaus zugesprochen bekommt, kommt die Linke nach Angaben des Innenministeriums auf 340 der insgesamt 630 Sitze.

Auf Berlusconis Allianz entfallen 124 Mandate, an die Bewegung Fünf Sterne des Komikers und Bloggers Beppe Grillo, die mit 25,55 Prozent überraschend stark abgeschnitten hatte, gehen 108 Sitze. Die Bürgerwahl des scheidenden Regierungschefs Mario Monti erzielte im Abgeordnetenhaus 10,56 Prozent der Stimmen und kommt auf 45 Sitze.

Indes ist völlig unklar, wie eine Regierung aussehen könnte, denn ein stabiles Kabinett muss in beiden Kammern eine Mehrheit haben, um Gesetze durchbringen zu können.

Im Senat erreichte allerdings keine Kraft die nötige Mehrheit von 158 Sitzen, auch eine Koalition von Bersani und Monti würde nicht reichen. Bersani wäre daher theoretisch auf die Unterstützung von Grillo oder Berlusconi angewiesen, beides ist aber unwahrscheinlich.

Mehrere Politiker der Sozialdemokraten sowie Kommentatoren der Medien brachten bereits mögliche vorgezogene Neuwahlen ins Spiel - mit einem geänderten Wahlgesetz.

Sitzverteilung im Senat

Dem Innenministerium zufolge kam die Linke im Senat auf 113 Sitze, Berlusconis Mitte-Rechts-Bündnis erreichte demnach 116 Mandate. Grillos Bewegung kam auf 54 Mandate und Montis Wahlbündnis auf 18 Sitze.

Im Senat wird die Verteilung der Sitze nach der jeweiligen Mehrheit in den einzelnen Regionen entschieden. In beiden Kammern lag die Wahlbeteiligung bei jeweils rund 75 Prozent.

Grillo, dessen populistische Bewegung der Überraschungssieger der Wahlen vom Sonntag und Montag war, sprach von einem "fantastischen" Ergebnis. Auf seiner Internetseite sagte er den traditionellen Politikern voraus, dass sie nur noch „wenige Monate überstehen“ werden.

Monti ist zufrieden

Monti sagte, er sei mit dem Ergebnis seiner Bürgerwahl, die sich erst vor zwei Monaten gegründet hatte, „sehr zufrieden“. Er rief die künftige Regierung auf, die von den Italienern „bereits erbrachten Opfer“ nicht aufs Spiel zu setzen.

Die Wahlen waren auch in den anderen EU-Staaten mit Spannung verfolgt worden. Brüssel sowie die Finanzmärkte befürchteten, dass bei einem Wahlsieg Berlusconis die Schuldenkrise wieder aufflammen könnte.

Der ehemalige Regierungschef hatte im Wahlkampf massive Steuererleichterungen versprochen. Bersani kündigte dagegen an, den Reformkurs der bisherigen Regierung fortzusetzen. Monti hatte Italien im Bemühen um die Sanierung der Staatsfinanzen einem harten Sparkurs unterworfen.

26 Feb 2013

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