taz.de -- Menschenrechtsaktivisten diskreditiert: Amnesty-Büros in Moskau gefilzt

Russische Behörden „überprüfen“ die Niederlassung von Amnesty International in Moskau. Kein Einzelfall, auch andere NGOs werden massiv unter Druck gesetzt.
Bild: In Russland nicht sonderlich beliebt.

MOSKAU afp | Die russischen Behörden haben am Montag das Moskauer Büro der Menschenrechtsorganisation Amnesty International einer strengen Überprüfung unterzogen. Vertreter der Staatsanwaltschaft und der Steuerbehörden wurden am Morgen vorstellig und verlangten Kopien der Amnesty-Statuten, wie Bürochef Sergej Nikitin erklärte.

Im Gefolge der Behördenvertreter traf auch ein Team des russischen Fernsehsenders NTV ein, der im Sinne des Kreml Menschenrechtsaktivisten und Oppositionelle oftmals öffentlich in ein schlechtes Licht rückt. Das Team wurde jedoch wieder hinausgeleitet.

Amnesty protestierte gegen den Überwachungseinsatz. Die „aktuelle Welle von Inspektionen“ sei so angelegt, dass die Arbeit der Nichtregierungsorganisationen (NGOs) „in den Augen der Bevölkerung diskreditiert“ werde, beklagte Amnesty. In den vergangenen Wochen wurden mehr als einhundert Organisationen überprüft, Ende vergangener Woche die russische Menschenrechtsorganisation Memorial.

Im vergangenen Jahr trat ein neues Gesetz in Kraft, nach dem sich Organisationen mit finanzieller Unterstützung aus dem Ausland in ein Register „ausländischer Agenten“eintragen müssen. Der Begriff „ausländische Agenten“ ist seit der stalinistischen Ära vorbelastet. Damals wurden „ausländische Agenten“ häufig erschossen oder in Arbeitslager geschickt. In der Zeit des Kalten Krieges wurden Oppositionelle als ausländische Agenten bezeichnet.

Wenn leitende Mitarbeiter von NGOs die Einschreibung in das Register ablehnen, müssen sie mit bis zu zwei Jahren Lagerhaft rechnen. Anfang Februar protestierten zehn NGOs beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen die Neuregelung, weil diese gegen die russische Verfassung verstoße und völkerrechtlich unzulässig sei.

25 Mar 2013

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