taz.de -- Kommentar Hollandes Rede: Ohne selbstherrliche Phrasen

Nicht jeder Präsident ist ein General de Gaulle oder ein zweiter Napoleon: Hollande will für seine Resultate, nicht für seine Reden bewertet werden.

PARIS taz | Fade, ohne ambitiöse Vision oder Utopie und desillusionierend pragmatisch fanden französische Zeitungskommentare das Fernsehinterview von Staatspräsident François Hollande, der wie versprochen in einer halbjährlichen Zwischenbilanz vor der Kamera Rechenschaft ablegte.

Die Medien, und mit ihnen auch viele von Hollandes Wählern, hatten etwas anderes erwartet. An dieser frustrierenden Diskrepanz sind sie selber schuld. Hollande ist ganz einfach so „normal“, wie es auch in seinem Programm stand.

Vor zehn Monaten hatten viele darunter bloß verstanden, dass Hollandes ihnen weniger auf den Nerv gehen wolle als der omnipräsente Nicolas Sarkozy zuvor. Hollande ist „nur“ ein Präsident, und nicht ein absoluter Monarch. Die Bürger sollen begreifen, dass sie vom Chef an der Spitze des Staates nicht alles erwarten sollen. Nicht jeder Präsident ist ein General de Gaulle oder ein zweiter Napoleon.

„Urteilt über mich nicht aufgrund meiner Reden, sondern meiner Resultate“, forderte Hollande die Fernsehzuschauer auf. Die Präzisierung ist notwendig in einem Land, in dem schwungvolle Worte und ein Autorität heischendes Auftreten meist mehr zählt als banale Regierungsgeschäfte, die verächtlich „Realpolitik“ genannt werden.

Hollande sprach wie ein Mechaniker von seiner „Werkzeugkiste“ mit den nötigen Instrumente zur Bewältigung der Krise, mit denen nun gearbeitet werden müsse. Wer lieber neue selbstherrliche Phrasen von einem Chef hören wollte, der alles für sie denkt und macht, musste sehr enttäuscht sein. Die Landung auf dem Boden der Realitäten eines „normalisierten Frankreich“ ist zwar hart, aber unausweichlich.

29 Mar 2013

AUTOREN

Rudolf Balmer

TAGS

Francois Hollande
Schwerpunkt Frankreich
Paris
Schwerpunkt Frankreich
Schwerpunkt Frankreich
Mali
Schwerpunkt Frankreich
Steuern
Schwerpunkt Frankreich

ARTIKEL ZUM THEMA

Schwarzgeld-Äffare in Frankreich: Außenminister Fabius dementiert

Frankreichs Außenminister Laurent Fabius dementiert Medienbericht, dass er ein Schwarzgeldkonto in der Schweiz besitze.

Frankreichs Sozialisten in Bedrängnis: Affäre bedroht Regierungsführung

Alles Lüge: Ex-Haushaltsminister Jérôme Cahuzac hat zugegeben, doch ein illegales Auslandskonto zu besitzen. Der Imageschaden für Präsident Hollande ist enorm.

Frankreichs Präsident besucht Mali: Ein Kamel für Hollande

Bei einem Kurzbesuch in Mali wird der europäische Kriegsherr Francois Hollande groß gefeiert. Er versicherte, dass seine Truppen noch ein wenig bleiben.

Konservative in Frankreich: Wahlkampf mit unlauteren Mitteln?

Die Wahlkommission kritisiert die Finanzierung der Kampagne von Expräsident Nicolas Sarkozy als mangelhaft. Es könnte teuer für die UMP werden.

Depardieu wird neureicher „Belgier“: Obelix im Exil

Schauspieler Gérald Depardieu will kein Franzose mehr sein. Wegen Steuerflucht-Vorwürfen und gierigen Sozialisten. Was sagt uns das?

Kommentar Rechtsruck in Frankreich: Aufwachen, Monsieur Le President!

Hollande kann in der Debatte um die Homoehe zeigen, dass er für ein fortschrittliches Frankreich steht. Tut er es nicht, kann er einpacken.