taz.de -- Neues Wikileaks-Projekt: Dokumente aus dem Kalten Krieg
Ja, es gibt Wikileaks noch. Geheime Dokumente veröffentlichen die Enthüller nicht – dafür aber Materialien von Diplomaten und Geheimdiensten aus den 1970ern.
LONDON afp | Die Enthüllungs-Website Wikileaks hat die Veröffentlichung weiterer Depeschen der US-Diplomatie und des US-Geheimdienstes angekündigt. Insgesamt würden unter dem Label [1][Plus D] ab Montag mehr als 1,7 Millionen Dokumente aus den Jahren 1973 bis 1976 ins Internet gestellt, teilte Wikileaks-Gründer Julian Assange mit.
Die Unterlagen wurden der Enthüllungs-Plattform diesmal allerdings nicht geheim durch einen Informanten zugespielt, sondern stammen aus US-Archiven, wo sie eingesehen werden können. Wikileaks hat sie nun gebündelt und digital aufbereitet.
Die Depeschen zeigten „das enorme Ausmaß und die enorme Bandbreite“ des US-Einflusses in der Welt, sagte Assange der britischen Nachrichtenagentur Press Association. Er selbst habe von seinem Asyl in der Botschaft Ecuadors in London bei der Zusammenstellung der Dokumente mitgewirkt.
Assange sitzt seit nunmehr neun Monaten in der ecuadorianischen Botschaft in London fest. Die britischen Behörden wollen den Australier nach Schweden ausliefern, wo er zu Vorwürfen wegen sexueller Vergehen vernommen werden soll. Assange befürchtet jedoch nach eigenen Angaben, von Schweden an die USA ausgeliefert zu werden, wo ihm ein Prozess wegen Spionage und Geheimnisverrat drohen könnte.
Wikileaks hatte durch die Veröffentlichung geheimer Informationen zu den Kriegen im Irak und in Afghanistan sowie von rund 250.000 vertraulichen US-Diplomatendepeschen den Zorn der US-Regierung auf sich gezogen. Die Dokumente waren den Betreibern der Enthüllungs-Website von einem US-Soldaten zugespielt worden, der sich deshalb derzeit in seiner Heimat vor einem Militärgericht verantworten muss. Er hatte die geheimen Daten während seiner Stationierung im Irak vor drei Jahren von Militärrechnern heruntergeladen.
8 Apr 2013
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