taz.de -- Entwicklungsminister Niebel unter Druck: Kritik wegen Ämterpatronage

FDP-Minister Dirk Niebel soll mehr als 40 Parteifreunde in seinem Haus mit Posten versorgt haben. Die Opposition fordert eine Überprüfung. Niebel weist die Vorwürfe zurück.
Bild: Streitet alles ab: Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP).

BERLIN afp | Nach einem ARD-Bericht über angebliche Stellenbesetzungen nach Parteibuch im Ressort von Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) fordert die SPD eine Einschaltung des Bundesrechnungshofs. Die Behörde müsse „die offensichtlichen Fehlentwicklungen“ in Niebels Ministerium aufklären, verlangte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, am Freitag. Niebel wies die Vorwürfe zurück und versicherte, die Stellen in seinem Ministerium würden nur nach Eignung vergeben.

Oppermann kritisierte eine „Parteibuchwirtschaft unbekannten Ausmaßes“. Er habe „kein Verständnis für die Ämterpatronage“" des Entwicklungsministers.

Die [1][ARD-Sendung „Monitor“] hatte am Donnerstag berichtet, im Entwicklungsministerium seien seit Niebels Amtsantritt mehr als 40 FDP-Mitglieder und -Mitarbeiter eingestellt worden. Mit ihnen seien neben Schlüsselpositionen auch 25 Referentenposten sowie mehrere Referatsleiterstellen besetzt worden.

Parteinahe Besetzungen gab es demnach auch in dem Ministerium angegliederten Unternehmen, etwa in der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ). Der Vorsitzende des Verbands der Bediensteten der obersten Bundesbehörden, Hartwig Schmitt-Königsberg, sprach von einem „beispiellosen Vorgang“.

Niebel: Partei spielt keine Rolle

Das Ministerium erklärte gegenüber „Monitor“, bei Einstellungen werde nicht nach der Parteizugehörigkeit gefragt. Es gebe auch „keine Listen“, welche Mitarbeiter der FDP angehörten, sagte ein Sprecher des Ministeriums am Freitag der Nachrichtenagentur AFP.

„Parteimitgliedschaften spielen keine Rolle“, fügte er hinzu. Dies sei „gesetzlich so geregelt und auch in der Praxis so“.

Niebel reagierte auch persönlich auf die Vorwürfe. Einstellungen und Beförderungen in seinem Ministerium erfolgten „im Einklang mit Grundgesetz und Bundesbeamtengesetz nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung“, [2][sagte der Minister am Freitag Spiegel Online.]

Für Niebel ist alles in Ordnung

Niebel verwahrte sich gegen den Vorwurf, sein Haus zu einer Versorgungsstelle für Liberale zu machen. In den vergangenen Jahren seien lediglich 183 Mitarbeiter für neu geschaffene Posten eingestellt worden. Durch die Strukturreform der deutschen Entwicklungszusammenarbeit sei unterm Strich „eine Stelleneinsparung von rund 300 Stellen über die Legislaturperiode“ erzielt worden.

„Das BMZ hat seine Hausaufgaben gemacht – es vor diesem Hintergrund als Versorgungsamt zu bezeichnen, ist unredlich“, sagte Niebel.

Oppermann erklärte hingegen, es würden „Parteifreunde versorgt“. Niebel habe „nicht verstanden, dass er Entwicklungshilfeminister ist und nicht Chef der Personalentwicklung der FDP“.

Der entwicklungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Sascha Raabe, erklärte, Niebel habe in seinem Ministerium „in großem Stil“ und „gegen den Widerstand des Personalrats Einstellungen und Beförderungen am bewährten Auswahlverfahren vorbei nach FDP-Parteibuch vorgenommen“.

3 May 2013

LINKS

[1] http://www.wdr.de/tv/monitor/
[2] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/fdp-mann-niebel-wehrt-sich-gegen-vorwurf-der-vetternwirtschaft-a-897957.html

TAGS

Dirk Niebel
Personalpolitik
FDP
Dirk Niebel
Dirk Niebel
Dirk Niebel
FDP
Niebel
Dirk Niebel
FDP

ARTIKEL ZUM THEMA

Kommentar Entwicklungsministerium: Das System Niebel bleibt

Niebel hat die Entwicklungshilfe bürokratisiert und machte aus dem Ministerium ein FDP-Sozialamt. Das wird ihn als Minister überleben.

Umsiedlungen in Uganda: Niebel verärgert Hilfsorganisation

Der Entwicklungsminister nennt eine ugandische Kampagne der Hilfsorganisation Fian „unberechtigt“. Die Interessen der deutschen Wirtschaft gehen vor.

Niebel und der Deutsche Entwicklungstag: Ein guter Zweck für den Minister

Heute ist Deutscher Entwicklungstag. FDP-Minister Dirk Niebel hat den ins Leben gerufen. Und sich so selbst eine Wahlkampfbühne bereitet.

Kommentar FDP-Parteitag: Die fiebrigen Liberalen

FDP-Chef Rösler beschwor auf dem Parteitag ein Ende der Streitereien in der Partei. Aber das, was in Berlin geschah, ist davon ziemlich weit entfernt.

Ein Stück Niebel wird musealisiert: Die Mütze dampft noch

Entwicklungsminister Niebel hat seine Bundeswehrmütze dem „Haus der Geschichte“ aufgeschwatzt. Der Direktor freut sich über ein „Story Telling Object“.

Dirk Niebels „Afrika-Initiative“: Millionengelder falsch abgerechnet

Mit seiner „Afrika-Intiative“ wollte Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) Vorurteile abbauen. Wirtschaftsprüfer bescheinigen ihr nun Unfähigkeit.

FDP in Umfrage bei zwei Prozent: Verzweifelte Durchhalteparolen

Kurz vor der Niedersachsen-Wahl sacken die Liberalen bundesweit auf zwei Prozent ab. Schuld am Absturz seien die Attacken von Dirk Niebel, glauben einige FDPler.