taz.de -- Medienrummel um Daft Punk: „Ich will wie ein Mädchen tanzen“

„Random Access Memories“, das neue Daft-Punk-Album, sorgt auch in der französischen Heimat der beiden Musiker für Furore.
Bild: Unter ihren Helmen kriegen sie vom Rummel nichts mit: Daft Punk.

Als am 3. März 2013 ein 15-sekündiger Teaser, exklusiv in den beiden TV-Shows „Saturday Night Live“ (USA) und „Grand Journal“ beim französischen Canal+ ausgestrahlt wird, rauscht es nur so im Internet, Twitter explodiert: Der Grund, Daft Punk hat ein neues Album im Ärmel!

Dann geht Daft Punk wieder auf Tauchstation. Erst drei Wochen später ein zweiter Videoschnipsel – dann die ersten Rezensionen. Hinter verschlossenen Türen bei Sony Paris durften sich Journalisten „Random Access Memories“ anhören. „Ein Meisterwerk“ urteilen Les Inrocks.

„Auf Augenhöhe mit den eigenen maßlosen Ambitionen“, schreibt der Figaro. Ob der Vermählung von Retro-Disco und Future-Elektro ringt der Nouvel Observateur um Worte, denn das Album habe „diese so essenzielle Frage gestellt: Was haben wir in unserem Leben erreicht? Was werden wir tun mit dem, was davon übrig bleibt?“

Das Magazin Technikart misst den Puls der Kulturszene und fragt, was sie sich vom Daft-Punk-Album erhofft. „Dass ich wie ein Mädchen tanze und mich fühle, als würde ich neben einem Swimmingpool in Miami stehen!“, antwortet etwa der Sänger Lescop.

Frustrierter User

Indes liegen bei den Fans die Nerven blank. Als wieder nur kurze Häppchen aus dem Clip von „Get Lucky“ freigegeben werden, stellt ein User aus Frust die offiziellen Bilder, mit dem karnevaltauglichen Seniorenhit „C’est bon pour le moral“ (Es tut der Laune gut) untermalt, auf YouTube. Der Witz: Diesen Songtext schrieb 1975 der Vater von Daft-Punk-Mitglied Thomas Bangalter, wie Libé aufklärt. Dann sendet Fun Radio den Track „weltweit exklusiv“ erstmals in Originallänge. Die Sensation entpuppt sich als Fake.

Zeitgleich wird in der Canal+-Redaktion das Daft-Punk-Duo gesichtet. Doch es handelt sich, so die Moderatoren, nur um Staatspräsident François Hollande in Begleitung des ersten Ministers – wie sich trotz der Helme am schräg hängenden Schlips erkennen lasse.

Nachrichten jenseits von Daft Punk scheinen niemanden mehr zu interessieren. Dies bemerkt auch Arte Radio und will einen Scoop landen, indem es die Welttournee eines Albums mit dem Titel „Intel Inside“ für 2017 ankündigt. Seit ein paar Tagen ist dank Leak und Stream das Geheimnis um das neue Werk gelüftet.

Und auch die ersten schiefen Töne mischen sich in das Rauschen im Blätterwald. Libé schreibt über „Random Access Memories“: „Ein enttäuschendes Funkpop-Album ohne Engagement, als wäre ein klinischer Kool-&-The Gang-Ersatz mit Roboterstimmen 2013 noch interessant.“ Ob sich die französische Medienlandschaft nun wieder beruhigt?

22 May 2013

AUTOREN

Graton

TAGS

Daft Punk
Disco
Schwerpunkt Frankreich
Hype
Musikpreis
Berlin
Daft Punk
HipHop
Musikkultur
House

ARTIKEL ZUM THEMA

Grammy-Verleihung in Los Angeles: „Same Love“ ist preiswürdig

Daft Punk und Lorde gehören zu den Gewinnern bei den 56. Grammys. Ein Höhepunkt des Abends war die Massentrauung von 33 homo- und heterosexuellen Paaren.

Neues Album von Mary Ocher: Sehnsucht aus der Meerestiefe

Sarkastisch, wild und wuchtig: Die in Russland geborene und in Tel Aviv aufgewachsene Musikerin Mary Ocher und ihr fabelhaftes neues Album „Eden“.

Daft Punks neues Album: Doping für die alte Tante Pop

Die charmanten Popfanatiker von Daft Punk treten weiter behelmt auf und haben ein großes neues Werk geschaffen: eine Hommage an „Random Access Memories“.

Neues Album von Major Lazer: Wabbel-Arsch als Dividende

DJ Diplo hat mit Major Lazer ein Kunstprojekt ins Leben gerufen, das durch seine Zusammenarbeit mit bekannten SängerInnen lebt.

Neues Album von DJ Koze: Die Muse hat den Kuss verzögert

Tiefgründiges, Späße und illustre Gäste am Mikrofon: DJ Koze und sein monumentales neues Dancefloor-Album „Amygdala“.

Neues Album von Maxmillion Dunbar: House als Zukunftsmusik

Der Produzent Maxmillion Dunbar erfüllt das alte Versprechen von House mit neuem Leben: Es entstehen musikalische Räume voller Möglichkeiten.