taz.de -- Kolumne Aufgeschreckte Couchpotatoes: Perfide Hochzeitsreise

Immer mehr Single-Reise-Veranstalter bieten eine unkomplizierte Plattform um sich kennen zu lernen. Die Reise zu zweit sollte dann gut geplant sein.
Bild: Das kleine Glück beim gemeinsamen Sonnenuntergang.

lm „4 Sterne-Singlehotel mit täglich Musik- und Tanzveranstaltungen und Wellnessbereich mit Hallenbad und Fitnessstudio“ ging es eher verklemmt zu. Aber dann: „Gehobene Gruppenreisen, exklusiv für Singles, verreisen mit Gleichaltrigen (Altersstufen 25–40 und 35–55), ausgewogene Verteilung Frauen : Männer (im Schnitt ca. 60 Prozent : ca. 40 Prozent), abwechslungsreiche Aktivitäten. Kennenlernen superleicht. Garantiert keine Speed-Datings oder sonstige Kuppelspielchen!“, so das Angebot eines namhaften Single-Reiseveranstalters.

Monika hat bei der Gruppe 35- bis 55-Jährige eingecheckt. Ihre 59 Jahre sieht man ihr nicht an. Und es hat geklappt. Nächste Woche heiratet sie Ralf, Eventmanager aus Düsseldorf, 54 Jahre alt. Sie haben sich bei „Flamenco & Sherry, rassige Pferde & Stiere, Oliven & Meeresfrüchte. Und so viel mehr!“ kennen gelernt.

Dabei hatte Monika stets wie ein Mantra die defätistische Statisk einer deutschen Wochenzeitung mit sich getragen: Eher bekäme eine 60-jährige deutsche Großstädterin noch ein Kind, als dass sie einen Partner findet. Aber es stimmte, was der Veranstalter versprach: „Es gibt wohl kaum eine andere Region in Europa, die für so viel Lebensfreude, Sinnlichkeit, Leidenschaft steht wie der südlichste Zipfel Spaniens.

Nun planen sie gemeinsam ihre Hochzeitsreise. Paris – die Stadt der Liebe? Oder Venedig – klassisch-romantisch? Vielleicht ganz exotisch der Indische Ozean? Qual der Wahl. Monika und Ralf haben sich für eine Kombinationsreise entschieden. Entweder Südafrika & Mauritius oder Dubai & Malediven.

Reisen und sich kennen und lieben lernen – der Tourismus nimmt sich unserer tiefsten Sehnsüchte an. Liebe all-inclusive. Das funktioniert allerdings auch andersrum: In Deutschland wird jede dritte Scheidung nach einem gemeinsam verbrachten Urlaub beantragt. Grund: die unvermuteten vielen Stunden, die zwei Menschen dann miteinander verbringen müssen und nicht wissen, was sie in dieser Zeit miteinander tun sollen. Perfide! Monika hat deshalb Koch-, Mal-, Angel- und Tauchkurs gleich mit gebucht.

8 Jun 2013

AUTOREN

Edith Kresta

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