taz.de -- Kommentar Mollath-Urteil: Lasst Mollath frei!
Das Landgericht Bayreuth hat entschieden: Gustl Mollath muss mindestens ein weiteres Jahr in der Psychiatrie bleiben. Es ignoriert den fehlerhaften Prozess.
Geht es nach dem Landgericht Bayreuth, muss Gustl Mollath noch mindestens ein Jahr gegen seinen Willen in der Psychiatrie bleiben. Erst im Juni 2014 werde seine Unterbringung erneut geprüft, urteilte das Gericht am Mittwoch. Die Kammer sei an das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth aus dem Jahr 2006 gebunden, hieß es zur Erläuterung.
Damals war Mollath zwar von den Vorwürfen der Körperverletzung und Sachbeschädigung freigesprochen, wegen Wahnvorstellungen und Gemeingefährlichkeit jedoch in die Anstalt eingewiesen worden, wo er nun seit sieben Jahren sitzt. Dass sich das Landgericht nun auf diese Urteil beruft, ist die Krux. Denn damit verlängert sie eine Entscheidung, von der mittlerweile klar ist, dass sie unter falschen Voraussetzungen und unter gänzlich unzulänglichen Umständen getroffen wurde.
Zwei Gesuche zur Wideraufnahme des Verfahrens liegen mittlerweile beim Landgericht Regensburg vor. Die Staatsanwaltschaft führt neue Erkenntnisse an, die Mollath entlasten und die Beweisführung im ursprünglichen Verfahren in Frage stellen.
Mollaths Verteidiger beschuldigt den Richter, der Mollath verurteilte, der vorsätzlichen Rechtsbeugung. Und ein Untersuchungsausschuss im bayerischen Landtag hat bereits in den ersten Sitzungen zu Tage gefördert, dass Mollaths Vorwürfe der Schwarzgeldverschiebungen von Hypovereinsbank-Mitarbeitern in die Schweiz weder ernst genommen, noch anständig überprüft wurden, obwohl, wie man heute weiß, seine Vorwürfe weder von der Justiz noch der Steuerfahndung ernstgenommen wurden.
Es ist ein Zirkelschluss, der Mollath in die Psychiatrie brachte: Weil er auf illegale Bankgeschäfte hinwies, erklärte man ihn für verrückt. Und weil man ihn für verrückt hielt, ging man seinen Hinweisen nicht nach. Es wäre allerhöchste Zeit, diesen Teufelskreis zu durchbrechen und den Mann endlich frei zu lassen.
13 Jun 2013
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Zwei Wahrnehmungen zum Ende des Mollath-Ausschusses: Alles prima, sagt die Regierung. Die Opposition aber fordert den Rücktritt der Justizministerin.
Im Fall Gustl Mollath wirft Grünen-Politiker Martin Runge dem Gericht „gravierende Verfahrensfehler“ vor. Und findet die Rolle der Justizministerin „unsäglich“.
Gustl Mollath sitzt seit 2006 in der Psychiatrie. Nun nennt die bayerische Justizministerin seine Unterbringung „unverhältnismäßig“.
Im bayerischen Landtag weist Justizministerin Merk die Verantwortung von sich. Sie habe, ganz korrekt, die Unabhängigkeit der Justiz garantiert.
Weil eine Frau sich bei Twitter für Gustl Mollath stark gemacht hatte, besuchte sie die Polizei. Die Ärztin glaubt, sie sollte eingeschüchtert werden.
Der Untersuchungsausschuss im Bayerischen Landtag will Mollath als Zeugen laden. Aussagen haben Substanz, sagt Grünen-Fraktionsvorsitzender.
Seit 2006 sitzt Gustl Mollath gegen seinen Willen in der forensischen Psychiatrie. Nun wird der Fall von der Opposition in Bayern neu aufgerollt.